Kurws "All that is solid melts into air" (gusstaff records, 13.06.2014)


Um den Stil dieser Band annähernd zu beschreiben, können eine ganze Menge Schubladen aufgemacht werden: Post Rock, No Wave, Neo Beat, Post Punk, Avant Freakcore, Rock in Opposition - und so fort. Ich würde das schräge Gebräu mit entbluestem Link zu altem (instrumentalen) Beefheart, dem so nebenbei einige Jazzrockgebläseläufe und Antiprog-Prog Radikalitäten aus den Instrumenten fallen, zuerst als Krachrock bezeichnen - der mit Noise wenig zu tun hat.
9 Songs, die 34:49 Minuten ausmachen, mit dem "Weltgeist" beginnen und das eher amelodisch tun, in den Kopf beißen und vor denselben stoßen, in seltsamer Mischung aus faszinierend harschem Songverständnis und unnahbarem Rockgekratze mit kreischendem Jazzfaktor aus den Boxen spritzen wie Blut aus der Schusswunde, können durchaus erschüttern. Unterhaltsam geht es zu, auf überwiegend stoischem Rhythmus, der sich aus Minimalismus und Punkprog speist, intuitiv freejazziges Gerotze auftischt und in erstaunlich zartkratzige Ambientphasen kippen kann. In den besten Momenten erlischt die Aktivität der Rhythmuscrew und Gebläse und Elektronik furchen in kantiger Avantgardesprache schmucke Motivfetzen schneidig aus, um alsbald wieder zum deftig punkigen Noise-Impro zu werden.
Kurws mixen Geschriebenes mit Gejammtem. Die einzelnen Mitarbeiter weisen verschiedene ästhetische Modelle als Inspiration auf: Die Jungs an Gitarre, Bass und Schlagzeug sind die Punkrocker, während der Mann am Synthesizer und der an Saxophon und Piano die Freakcore-Avantgardisten sind. Die Gäste (bs, tr, fl) unterstützen eindeutig die letztere Fraktion, was den Charakter der Songs ganz unterhaltsam ständig in die eine wie in die andere Richtung kippen lässt.
Der - mit weitem Abstand - beste Track ist "Colossus with feet of clay". Die Avantgarde-Nummer hat großes Flair und nähert sich stark der Neuen Musik an. Das tut sie mit intuitiv begabtem Verstand, ohne sich dem Genre anzubiedern. Diese Komposition ist grandios! Nach etwas mehr als leider nur drei Minuten kehrt das deftige Gerocke noch einmal zurück, um schräg und atonal in die Luft zu pusten und anschließend in die wohltuenden Ferien zu schicken.
Kurws - macht Neue Musik! Da seid ihr echt begabt. Der Krach indes dürfte, wenn es hin und wieder genossen auch mal ganz nett ist, sich derart im Kopf kratzen zu lassen, auf Dauer, mit Verlaub, zu banal sein.

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