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Kinetic Element "Travelog" (Melodic Revolution Records 2015)


2006 in Richmond, Virginia, USA, gegründet, legen Kinetic Element nach dem 2009er "Powered by Light" nun das Follow-Up "Travelog" vor. Die Band um Mike Visaggio (keys, voc) spielt Retroprog der leichteren, dabei wuchtigen Art mit Neoprog-Link. Michael Murray (dr), Todd Russell (g) und Mark Tupko (b) ergänzen die aktuelle Besetzung, die Texte werden von Gastsängern übernommen.
Gerade einmal 5 Tracks machen 70:18 Minuten voll. Es geht also in die Vollen. Der Titeltrack ist mit 9:51 Minuten Spielzeit die kürzeste Etappe, gleich der "War Song" als Opener bringt es auf stolze 20:30 Minuten. "Into The Lair" (10:14), "Her" (11:31) und "Vision of a New Dawn" (18:27) - Symphonic Prog weiß zu schwelgen!
Die Jungs an den Instrumenten sind nicht mehr die, ähm, Jüngsten. Keiner will sich als Star beweisen. So gibt es zwar knackfrisch harte Gitarrenarbeit, was an der Gemächlichkeit des Albums und seiner satten Reife nichts ändert. Nervöses oder Abgedrehtes ist hier ebenso wenig zu erwarten wie harter Rock oder Jazz. Lyrik wird groß geschrieben. Die Band pflegt ihren Hang zu Klängen, wie sie in der großen alten Zeit von Genesis, Yes oder ELP gespielt wurde - und macht ihre Sache erstaunlich gut! So ist der "Oh Beautiful" - Gesang in seiner steten Wiederholung im Titeltrack weder blöd noch fad, mit interessanter Gesangslinie, starker Entwicklung, raffiniert instrumentiert. Zwar klingen Kinetic Element immer wieder etwas naiv und weltabgewandt, aber sie ziehen ihr Ding durch. Zuletzt ist es gut, dass dieser Gesangspart endet, denn der letztliche Höhepunkt ist etwas zu viel des Guten, was der Band hier und da partiell passiert.
"Travelog" ist kein knapp 10 Minuten langer Songs mit durchgängigem Thema, sondern ein Dreiteiler mit akustischem Gitarrenpart, der offenbart, dass Steve Howe auf dem Poster im Kinderzimmer von Todd Russell hängt. Der folkige dritte Part des Stückes hat eine sehr schöne elegante Note, hübsch.
In den wahrhaft langen, schön intensiv langen Instrumentaletappen wissen Kinetic Element immer wieder mit verblüffend interessanten und raffiniert eingepflegten Passagen zu überzeugen. Nicht alle Kompositionen sind durchgehend ansprechend, so ist im langen "War Song" schon einmal etwas Schwerfälligkeit auszumachen. Die alsbald von einem Thema überrollt wird, das von diesem Manko nichts übrig lässt. Wären diese schwerfälligen Parts nicht vorhanden, wie ebenso mancher Gesangspart nicht notwendig ist, oder deutlich interessanter ausgebaut sein könnte, punkteten die Jungs weitaus mehr. Vor allem der Beitrag der Chanteuse Michelle Schrotz, technisch gelungen, ist in meinen Ohren purer Kitsch - was für "Into The Lair", wo die Dame aktiv wird, nicht insgesamt gilt.
Ab und an habe ich den Eindruck, dass die Spieldynamik etwas leidet, so im - langen - Intro von "Her", wo das Schlagzeug schon mal etwas schlapp neben der Spur liegt. Nicht stetig, aber partiell. Dafür ist hier der Gesang deutlich weniger banal, indes sehr ‚weich'.
"Vision of a New Dawn" zuletzt gibt noch einmal alles. Das Intro - etliche Minuten - fließt schwelgerisch dahin, romantisch verträumt. Sehr hübsch! Der Gesang könnte meinethalben komplett wegfallen, was die Gesangsarrangements mit etwas käsigen Keyboards und süßlich perlendem Piano ins Nirvana brächte - nun, ist zu ertragen und geht vorüber. Die lange Instrumentalschiene indes darf so lange laufen.
Leichteres, Neo-angesetztes Retroprog-Album mit Idee und Raffinesse, das hier und da an Längen, Gesang und käsigen Arrangements krankt. Insgesamt gutes Werk.

kineticelement.com
VM



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