Karl Seglem "Som Spor" (NORCD, 10.04.2015)

"A spiritual journey with Karl Seglem" meint der Pressezettel. Und das ist absolut zutreffend. Karl Seglem, Jazzsaxophonist, mischt auf seinem jüngsten Werk, das für das Vossa Jazz Festival 2012 geschrieben wurde und live ‚at the Nasjonal Jazzscene' in Oslo eingespielt wurde, skandinavischen Jazz, Ambientes, Folkloristisches mit partiell fast sakraler und starker historischer Note, melodische Exkursionen, die wie im Progressive Rock hochkomplexe Strecken nehmen in einem dichten, hochlyrischen Arrangement, das sofort und nachhaltig beeindruckt und in den Bann zieht. Es ist die Zeit der epischen, elegischen Jazzalben und Karl Seglem weiß diese Fusion lebhaft und erfrischend neu klingen zu lassen.
Die 11 Tracks (mit nur lautmalerischem Gesang) können weit in folkloristische Vergangenheit schweben (Hardanger Fiddle) und dabei alles hinter sich lassen, was nur Jazz ist und ins Keltische gehen, durch psychedelisch wirkendes, kraftvolles Schlagzeugspiel und voluminöse Keyboardarbeit begleitet, was den verträumt mystischen, indes kraftvoll gespielten Folk-Motiven einen weiteren rockprogressiven Anstrich gibt. Typisch skandinavisch!
Die überwiegende Anzahl der Songs ist zwischen 6 und 9 Minuten lang, was den Themen genügend Raum gibt, ins episch Weite zu streben. Manchmal findet dies in fast minimalistischer Motivdünne statt, worin sich die Hardanger Fiddle monoton auf kurzen komplexen Themen stetig wiederholt oder in reichen melodischen Motiven, die weitschweifend und abenteuerlich aufwendig komponiert sind. Jazz per se ist hier nicht Fokus des Komponisten. Und doch baut vieles auf die Struktur zurück, die aus Jazz gewachsen ist. So kann "Som Spor" World-Jazz genannt sein, oder skandinavischer Folk-Jazz. Doch wie es auch genannt ist, das aufregende, erregende Musikgebräu mit vielen lichten, forschen und ebenso düsteren, schwermütigen Motiven greift über Stil-Grenzen hinaus und findet zu einer Qualität, die so viele und unterschiedliche Muster sonst kaum vereint.
Lustig geradezu, dass das Cover (der CD, die LP hat ein anderes) so deutlich im Kontrast dazu steht. Denn nicht Karl Seglems Saxophon steht im Mittelpunkt dieser Arbeit, sondern das nicht besonders solistisch geprägte Gesamtkonzept aller Beteiligten.
Fabelhaft!

Karl Seglem (ts, goat horns, antilopehorn, voice)
Sigrid Moldestad & Håkon Høgemo (Hardanger fiddles)
Lars Jakob Rudjord & Andreas Ulvo (keys, piano)
Stefan Bergman (b, e-g)
Kåre Opheim (dr, perc)

Tracks CD (68:54)
1. Som spor 7.06
2. Snøvabb 7.28
3. Endelaus slette 7.06
4. Gå mot nord 8.07
5. Springar frå fjord 9.16
6 Trommer frå Voss 2.25
7. Solstrek 6.04
8. Førljom 2.37
9. Ljom 8.44
10. Som spor tema 1.58
11. Bregne 7.58

LP SIDE A
1. Fell sakte (dikt) 1.27
2. Som spor 5.42
3. Endelaus slette 6.56
4. Gå mot nord 7.47
LP SIDE B
1. Springar frå fjord 9.26
2. Ljom 6.55
3. Lydfiler (dikt) 0.51
4. Bregne 6.16

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