Henry Kaiser & Wadada Leo Smith "Yo Miles! Upriver" (Cuneiform 2005)

So wie diese Band es anlegt, könnten das noch einige CDs werden. Gitarrist Henry Kaiser, Trompeter Wadada Leo Smith und ihre Mitstreiter widmen sich dem Jazzrocker Miles Davis der frühen 1970er Jahre auf epische Weise. Auf CD2 dieser wieder einmal bis an die Grenze ausgekosteten Silberlinge gibt es zwar wirklich mal drei kurze Songs. Doch das Gros der Songs auf den 2 CDs ist wie bereits das Material des Erstlings des Jo Miles! - Projektes, "Sky Garden" von 2004, ultralang. 3 "Songs" auf "Upriver" sind über 20 Minuten, 5 weitere teilweise weit über 10 Minuten lang. Die Jungs lieben die Improvisation!
Und sie haben es drauf. Nicht nur die beiden Chefs des Unternehmens, die diesen zweiten Teil "Upriver" kraftvoller, rockiger und härter als ihr Projekt-Debüt klingen lassen, sondern auch Michael Manring (b), Steve Smith (dr), Chris Muir (el-g), Tom Coster (key), Karl Perazzo (perc), Greg Osby (alto-sax), John Tchicai (ts, ss) und Mike Keneally (el-g) sowie die speziellen Gäste Zakir Hussain (tabla, perc), das Rova Sax Quartet Bruce Ackley, Steve Adams, Larry Ochs und Jon Raskin sowie Dave Creamer (el-g). Gleich 4 (!) Gitarristen haben ihre elektrischen Instrumente mitgebracht und sie haben jede Menge Raum, sich solistisch und improvisativ einzubringen. Egal, in welchem der 12 Songs (in 156 Minuten) wir uns gerade befinden, es groovt und groovt und groovt ohne Ende. Die Schlagzeugarbeit von Steve Smith ist vom feinsten und wird von Michael Manring am Bass und der grandiosen Perkussionsarbeit des alten Santana-Mitarbeiters Karl Perazzo herzhaft unterstützt. Doch nicht nur die Gitarristen, sondern auch Wadada an der elektrischen und akustischen Trompete nutzt die weiten Möglichkeiten der Minuten allerliebst, um seine spannungsreichen Illustrationen zum Thema einzubringen. Und auch Greg Osby, John Tchicai und das ROVA Sax Quartet können ihren Eingebungen freien Lauf lassen.
Einige Stücke, wie "Macero", eine der wenigen Kompositionen der Interpreten, oder das phantastisch perkussionslastige "On the Corner Jam" sind von leiser, balladesker Natur. Dann entfaltet sich quasi ein psychedelisches Flair, wie es zu Beginn der 1970er Jahre vor allem von den Krautrockbands gespielt wurde. Sicher kann ich endlich! rufen, wenn ich höre, dass DER Klassiker dieser Miles Davis Phase interpretiert wird: "Bitches Brew". Die Musiker lassen sich alle Zeit der Welt und bringen das Stück auf unglaubliche 26.36 Minuten Länge und keine Sekunde ist zuviel. Ganz im Gegenteil!
Wie Tom Coster, auch ein alter Santana, die Keyboardharmonien rhythmisiert und disharmonische Eckpunkte setzt, von der Rhythmuscrew unterstützt und der episch kratzenden Trompete am Horizont begleitet: alle Achtung, das ist sehr fein. Doch längst nicht nur dieses Stück, sondern auch die anderen, wie "Go Ahead John" oder "What I Say" sowie "Tatu/Agharta Funk" zeigen sich von der lebhaften Seite. Zumeist baut die Band die Stücke im Jazz/Jazz-Funk auf und kippt auf dem Höhepunkt in einen harten Jazzrock um und die Vitalität der Band ist grandios!
Eingespielt bereits von Oktober 1999 bis Oktober 2002 wurde es endlich Zeit, diese Aufnahmen zu veröffentlichen. Und Cuneiform machen die Sache rund und dicht. Sie veröffentlichen die beiden CDs wie schon das letztjährige Vorgänger-Doppelpaar "Sky Garden" als Super Audio Hybrid CD. Der Klang ist perfekt und unterstützt die Musik satt. Zum anderen sind die CDs kopiergeschützt, so dass sich keiner die Musik klauen kann. Ehrlich: wer sammelt Kopien, wenn es Originale gibt, mit Booklet und allem Guten und Feinen drum und dran?!
Wie auch schon den Vorgänger kann ich diese Produktion nur unbedingt allen Jazz/Jazzrock/Fusion - und Miles Davis - Fans nur wärmstens ans Herz legen, die Produktion ist im vollen Umfang wunderbar, zum niederknien und versinken…

cuneiformrecords.com
VM



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