Jing Chi "Live!" (Tone Center 2003)

Nach ihrem 2001er Release gibt sich das Trio Robben Ford (g), Jimmy Haslip (b) und Vinnie Colaiuta (dr) mit den Gästen Otmaro Ruiz (key) und Marc Russo (sax) nun die Ehre mit einem Live-Album. Aufgenommen im Dezember 2002 in Oakland widmet sich das Trio der lyrisch-gmächlichen Variante des blueslastigen Jazzrock. Die Band holt schon mal kräftig aus und rockt, doch die Betonung liegt auf Entspannung. Opener "That Road" groovt lässig, die Gitarre intoniert das fabelhafte Thema unisono mit dem Keyboard, die harmonischen Zwischentöne jagen eine Gänsehaut über den Rücken. Angenehme Musik, trotz zurückgelehnter Atmosphäre sehr impulsiv und lebendig. Gleich drauf spielt die Band den auf kompliziertem Rhythmus aufgebauten Hit "Going Nowhere", das sich weit in den Jazzrock lehnt. Ein einfach grandioses Stück, das einzige vokale übrigens. "The Hong Kong Incident" ist noch tiefer in den Jazz gebettet, zwar ist das Grundthema eher eingängig, doch der instrumentale Ausbau, die improvisativen Muster und solistischen Varianten lassen dies weit zurück. Vor allem Keyboarder Otmaro Ruiz würzt mit Jazz-Harmonien das Stück. "What goes around" steht dem Vorgänger in nichts nach. Jing Chi haben überhaupt eher eingängigere und liedhafte Themen, die sie solistisch hochkarätig und jazzig ausbauen. "Crazy House" und "Cold Irons Bound" sind groove-orientierte Songs, deren Soli ambitioniert sind, aber nicht weit über Allgemeinmaß hinausragen. Doch im abschließenden "Blues MD" werden über eine Viertelstunde wieder alle Register gezogen. Die Eingangspassage gibt sich gelassen und schlicht, bis die Band von der Magie gefangen wird und sich weit ins offene Feld hinaus begibt. Jing Chi sind nicht mehr die Jüngsten, da ist die entspannte Sanftheit nachzusehen. Freie Ufer erreichen sie dennoch, und spielen auf grandiose Weise eigenwillige, trotzige Soli. "Live!" ist ein tolles Album, das hoffentlich für Blues-Freaks nicht zu schräg und für Jazzrock-Begeisterte nicht zu einfach ausgefallen ist.

VM



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