Jazzmine " The Play" (TerjeB Productions 2015)


Dieses hervorragende Album ist jetzt mein; das ist klasse, denn innerhalb einer knappen Stunde gelingt diesem verwegenen Norweger-Konsortium, das diese CD als Sextett eingespielt hat, aber mittlerweile auf eine Nonett angewachsen ist, auf fusioniert-verschlungenen Wegen die Quadrat-Uhr des Mitternachtssonnen-Kreises, auch norsk solur genannt. Zwar wird das harmonikale Rad nicht neu erfunden, läuft dafür aber um so runder. Das Zuhören macht einen Riesenspaß, das Mitspielen der Stücke am Schlagzeug bestimmt noch viel mehr - jazz oder nie! Es gibt unter anderem ein wunderschönes Schlagzeug-Solo zu hören, das die Klasse des Trommlers erkennen lässt, ohne in irgendeiner Weise aufgesetzt zu wirken, weiß ein echter Könner an seinem Instrument doch um die hohe Kunst des gezielten Einsatzes von Pausen, die einer Komposition oder einem Solo Luftigkeit verleihen. In ebenso vorbildlicher Weise wird die Verwendung von Ostinati demonstriert, über die herrliche Melodielinien laufen, die viel Raum für Live-Improvisationen bieten. Aufgrund der Besetzung aus Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboards, Saxophon und Vibraphon wird eine vollmundige Hörerfahrung mit lieblicher Note im Abgang kredenzt. Wider Erwarten besticht die Scheibe durch ihre absolut positive Grundstimmung - nix mit skandinavisch-sklavischer Melancholie und Düsternis. Vital Information und Steps Ahead fallen mir beim ersten Hören als Reminiszenzen ein, was sich bei den Folgehördurchgängen bestätigt, vielleicht ergänzt um Yellowjackets, Spyro Gyra und The Rippingtons (letztere ohne die Schmusekatze, dafür mit einigen ripping tones); wären Toto eine Fusion-Band, würden sie vermutlich ganz ähnlich klingen wie Jazzmine. Im besten Sinne amerikanisch locker-flockig jazzrockt das Teil los, wobei gelegentliche Synkopen dazwischen funken und dies obwohl zur Besetzung kein einziger US-Amerikaner gehört, wohl aber unter den Herkunftsländern der Bandmitglieder Deutschland, Frankreich, Ungarn, Rumänien und Norwegen zu finden ist. Beheimatet sind alle Musiker mittlerweile in Oslo. Europa hat nicht nur im Jazz-Bereich, sondern mittlerweile auch im Fusion-Sektor die Rolle des Fackelträgers übernommen, nachdem schon viele Jahre keine Überflieger-Band aus den USA mehr kommt - im Westen nichts Neues. Diese Kompositionen eignen sich neben dem Gutieren durch das Stammpublikum sogar für Avant Metal-Fans, die einen akustischen Stimmungsaufheller benötigen.

jazzmine.no
Frank Bender



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