Ragazzi - website für erregende Musik



 
 
 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 

 


 


 


 


 


 


 


 


 

Introitus "Anima" (Progress Records, 20.08.2014)


Glück und Fluch zugleich, dass die Klangästhetik des Progressive Rock anhaltend seit Jahren angesagt ist. Wenn die Verkaufszahlen einiger Alben auch nicht aus dem Keller kommen, sind andere schon in der Erstauflage nach wenigen Tagen ausverkauft. Glück, weil viele Musiker weltweit im Genre aktiv sind und Inspiration und Kreativität in die Szene spülen. Fluch - aus dem gleichen Grund. Ein jeder Musiker hat seinen eigenen Ansatz, sobald er dazu durchgedrungen ist. Und mittlerweile ist der Stil-Katalog der 'progressiven' Musik riesig und er wächst und wächst.
Chef dieses schwedischen Unternehmens ist Mats Bender (keys). Der Mann hat seinen Stil gefunden. Ursprünglich sollte Introitus ein Hobbyprojekt sein, dass er mit seiner Frau, der Sängerin und Gesangslehrerin Anna Jobs Bender führte. Doch im Laufe der Zeit wurde immer mehr daraus, so dass die beiden nun mit vollständiger Band arbeiten - und wie!
Mattias Bender (dr, voc), Pär Helje (lead g), Dennis Lindkvist (b) und Henrik Björlind (fl, keys) samt Gast Johanna Bender (voc) machen das Line-Up rund.
Instrumental wird ordentlich auf die Tube gehauen, fast metalhart rockt die Band sich durch vertrackte, technische Arrangements. Doch.
Sobald der Gesang einsetzt, wird der soeben noch symphonisch schwelgende und ansprechend komponierte, raffinierte und lebhafte Schlachtorgien-Progressive Rock - zu Schlager. Es ist die Stimme der Dame nicht allein, die - technisch einwandfrei und glockenklar - die Lyrics interpretiert. Es sind die Gesangsarrangements, die sehr eingängig und zu schöngeistig sind und die Grenze zum Kitsch immer wieder überschreiten. Vor allem in den (schrecklichen) Refrains. Die Stimme ist gedoppelt, die Band tummelt darum ausgelassen und forsch, aber die Keyboards bauen ihr die überzuckerten Pfade, auf denen Anna, zugegeben kraftvoll, aber: Schlager singt.
Aller Gesang weggelassen, die 'progressive' Ästhetisierung heruntergefahren und schön keck angeschrägt würde dieses "Anima" ein wilder instrumentaler Straßenfeger sein. So indes gibt es für die durch zahllos viel großartigen Progressive Rock ausgebildete und überaus verwöhnte Hörer schickes Instrumentalgut und, nun, diesen Gesang, der, ganz persönlich, mir absolut zuwiderläuft, und gewiss nicht mir allein.
Introitus' Symphonic Prog geht trotz vieler überzeugender Facetten zu sehr auf Nummer sicher. Da wird sich die Fanschar teilen. Die Einen wollen genau dies und werden in "Anima" ihre Musik finden. Die Anderen wollen Progressive Rock wegen instrumentaler Freiheiten, Extreme, Abgefahrenheit oder Eleganz - und die wollen nicht spulen und skippen.
Und doch: instrumental ist hier viel dran, was Spaß macht: fusioneske Läufe, groß Symphonisches, epische Gitarrensoli, technisches Gemetzel. In rasanten Arrangements und wohlüberlegter Ausgiebigkeit (drei Songs laufen über 10 Minuten, einer davon gar über 16; und bis auf "Initiare" und "Exire" gibt es keinen zu kurz gekommenen Song).

introitus.se
progressrec.com
VM



Zurück