Von den Misfits bis Zappa - Ein Interview mit Voyager

Man kann über Voyager sagen,
was man will - die Ambitionen kann man
ihnen definitv nicht absprechen.
Mark De Vattimo stellte sich meinen Fragen
mit gewohnt australischer Lockerheit.








ragazzi: "'Element V' wurde vor kurzem in Europa, Mexiko und Russland veröffentlicht - soweit ich das sehen kann, habt ihr von Magazinen recht gutes Feedback bekommen. Wie sah es in eurem eigenen Land Australien aus?"
Mark: "So wie ich das sehe, hat es überhaupt weniger Feedback in Australien gegeben, weil das Album hier noch gar nicht offiziell veröffentlicht wurde. Das ändert sich sehr bald, denn DVS sind dabei, Element V zusammen mit einigen ihrer anderen Bands hier zu vertreiben."
ragazzi: "Was mir sehr an 'Element V' gefällt, ist die nahtlose Verknüpfung verschiedener Stile, ohne künstlich oder verkrampft zu klingen. Wie habt ihr das erreicht?"
Mark: "5 verschiedene Persönlichkeiten in einer Band zu haben bedeutet, einen Mix von 5 unterschiedlichen Einflüssen zu erhalten. Obwohl Daniel (Anm.: Sänger) 85-90% des neuen Materials hervorbringt, haben wir anderen Vier immer noch genug Einfluss. Wir tragen gerade soviel bei, dass es wie Voyager klingt."
ragazzi: "Obwohl ich das selbst nicht bemerkt habe, habe ich von ein paar Leuten gehört, das Drumming auf "Element V" wäre teilweise nicht sehr präzise. Was sagst du dazu?"
Mark: "Jede junge Band, die ihr Debüt selbst finanziert und vertreibt, weiß, dass man nicht alles 100%ig genau so hinbekommen kann, wie man will. Ein jungfräuliches Album wie Element V zu machen, ist keine leichte Aufgabe! Ein Musiker spielt und nimmt so auf, wie er oder sie sich an jenem Tag fühlt. Nicht jeder Tag im Studio ist rosig und produktiv. Nun, Geoff könnte an dem Tag vielleicht nicht entspannt genug gewesen sein, oder sein Hund ist gestorben oder so...einige Gitarrentöne auf dem Album sind nicht perfekt, und wenn ich sie höre, erschaudere ich.
Jegliche Fehlerchen und Defizite werden wir beim zweiten Album, das wir zur Zeit schreiben, beachten und korrigieren. Ich denke, es ist Teil des Charmes."
ragazzi: "Was sollte das denn mit dem deutschen Text auf 'The 11th Meridian'? Ich war ziemlich verwirrt, als ich sie das erste Mal gehört habe...ist das immer noch Sänger Daniel, der sie spricht?
Abgesehen von der Tatsache, dass sie überhaupt da sind bin ich überrascht, dass die Aussprache perfekt ist..."
Mark: "Daniel ist sowohl deutscher als auch russischer Herkunft. Ich weiß zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht, wo er eigentlich herkommt, weil er eine Menge arabisches und türkisches Zeug und so hört. Er ist in der Mitte des geographischen Größenwahns!"
ragazzi: "Ihr habt mit dem Titelsong "The V Element" ein recht mutiges Experiment gewagt - es ist rein elektronisch, sogar mit künstlichen Drums...erwartet ihr nicht, dass traditionelle Metalheads voller Wut auf die Skiptaste drücken?"
Mark: "Ihre Reaktion ist mir ziemlich egal. Ich glaube, du solltest Musik zunächst immer für dich selbst schreiben, bevor du dir überlegst "Werden die Leute diesen Song mögen" oder was die Fans wollen. Es ist wichtig, den Fans zuzuhören, aber als Musiker können wir machen, was wir wollen. Schreib für dich selbst. Wenn du deine eigene Musik liebst, dann werden andere das eines Tages sicher auch tun, da bin ich mir sicher. Wenn Metalheads dieser technoide Instrumentalsong nicht passt, vielleicht sind sie dann gar nicht so aufgeschlossen, wie sie all die Jahre immer behauptet haben. Wir würden uns voller Wut darüber beschweren, dass sie ihn nicht mögen!"
ragazzi: "Ich habe schon einige fragwürdige Dinge erwähnt - ich hatte damit keine Probleme, aber bei anderen Kritiken wurden sie stärker gewichtet. Plant ihr eine Verbesserung der Details, wie sie angesprochen wurden? Oder wird es unabhängig davon immer so weitergehen, wie ihr es für "am besten" haltet?"
Mark: "Das Ergebnis war das Ergebnis zu der Zeit. Man kann jetzt nicht einfach zurückgehen und all die Schwachpunkte beseitigen und verbessern. Ich mag diese perfekt produzierten, radiofreundlichen Alben nicht. Sie sind zu steril, zu sauber geworden. Die Wärme von klassischen Alben des letzten Jahrtausends ist heute irgendwie verloren. Es gibt natürlich diese 'Retro'-Bands, die versuchen, dieses Feeling wieder auferstehen zu lassen. Manche schaffen es, manche nicht. Letztlich geht es um die Musik selbst, und nicht darum, wie gut, schnell, heavy oder stark du bist. Einige der besten Alben überhaupt enthalten Fehler und Problemchen, das macht sie zu Klassikern, denen man sich immer wieder annehmen kann. Ich mag den Klang eines Plektrums, das die Saiten anschlägt; die Gitarre, die für einen Moment verstimmt, weil der Gitarrist im Studio herumsprang, um den Song richtig zu fühlen. Sich auf zuviel Maschinen und Computerkram zu verlassen, bedeutet, eines Tages ihre Sklaven zu werden. Wenn man perfekte Musik hören will, sollte man sich Klingeltöne anhören oder sich eines dieser selbstspielenden Pianos kaufen.
Und Rezensten sind ja auch nur Menschen mit Meinungen. Ob diese für dich gelten, bleibt dir selbst überlassen."
ragazzi: "Wie sieht die Metalszene in Australien aus, was habt ihr dort für Bands?"
Mark: "Die Szene schließt ein breites Spektrum ein und ist teilweise sehr getrennt. In einigen Metalkreisen sind die Leute völlig gegen Black Metal, und der nächste wieder hasst Power Metal. Es ist leicht, einen Streit anzufangen. Das ist gar nicht schlecht, weil es zeigt, dass den Leuten Musik etwas bedeutet. Wenn sie einen Kerl lynchen wollen, weil er sich nicht die neuste UITOMCUILM gekauft hat - damit habe ich keine Probleme. Solange Leute wirklich Musik hören.
In Perth gibt es eine ausgewachsene Metalszene, die auch etwas engstirnig sein kann. Und dann ist da wiederum die klischeebehaftete Alternative Rock-Szene, Krieg zwischen den zwei Fronten gibt es also immer."
ragazzi: "Ist es sehr viel schwerer für euch, gute Promotion außerhalb Australien zu bekommen? Abgesehen davon müssen Tourpläne außerhalb Australiens auch nicht leicht umzusetzen sein..."
Mark: "Ja, genauso ist das. Wir leben einen Katzensprung vom Südpol entfernt - ein weiter Weg von Europa! Die Logistik einer internationalen Tour sind ein Albtraum gigantischen Ausmaßes! Flugkosten, Unterbringung - all das kostet eine Menge Geld, eine Tour müsste gut geplant werden.
Wir stehen zur Zeit mit Rene von DVS Records und Cindy, unserer Webmistress in Verbindung, um für 2006 eine Tour in Europa zu planen. Die sich um die Logistik und so kümmernden Leute machen meistens einen tollen Job. Überlasst uns die Drogen und Groupies, und klopft einfach an, wenn die nächste Tour ansteht!"
ragazzi: "Was für Platten hören du und die anderen zur Zeit?"
Mark: "Wir hören alle recht unterschiedliche Sachen - das hilft der Kreativität beim Songwriting ungemein. Mein liebstes Album ist 'Sabotage' von Black Sabbath, aber generell höre ich alles von den Misfits bis Zappa.
Emanuel versinkt zur Zeit im Power Metal und ähnlichem. Daniel ist süchtig nach arabischer DJ-Mucke. Man kann ihn nachts hören, wenn er die Straße hochgefahren kommt.
Ich bin mir nicht so sicher, was Geoff angeht - ich weiß nur, dass er Queen mag. Melissa ist recht offen und kann mit beinah allem etwas anfangen - wir mögen die Musik der anderen nicht immer, und doch kommt das alles bei uns irgendwie zusammen."
ragazzi: "Seid ihr schon dabei, wieder neue Songs zu schreiben?"
Mark: "Wir schreiben, proben und rupfen sie auseinander. Es herrscht manchmal eine gewisse Spannung im Proberaum - das passiert nun mal, wenn 5 verschiedene Persönlichkeiten an einer gemeinsamen Sache arbeiten. Man muss manchmal kämpfen, um seine eigene Ideen durchgesetzt zu bekommen, aber das ist Teil der Demokratie und mündet in interessanter Musik. Zur Zeit arbeiten wir am Artwork für's nächste Album. Cindy macht übrigens einen tollen Job mit all der Promotion und den Internetangelegenheiten. Grüße an sie!"

Timo




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