2000 bis 2015 - 15 Jahre SIREENA Records
Interview mit Tom Redecker


               



1. Wann entstand Sireena? Wer hatte die Idee und warum, wer waren die Initiatoren, wie ging das so los? Schwerer oder guter Start?

Tom Redecker: Die Idee hatten Lothar Gärtner und ich bereits Mitte der Neunzigerjahre. Uns war bereits damals aufgefallen, dass viele Schallplatten aus der Krautrock- und Punkzeit noch nicht auf CD veröffentlicht waren. Aber erst 2000, Lothar hatte da gerade sein Label Strange Ways verkauft, haben wir diese Idee in die Tat umgesetzt. und Sireena Records gegründet.

2. Was stand auf dem Plan? Welche Veröffentlichungen sollten vorgenommen werden? Reissues alter Alben? Neuproduktionen? Wie sah es stilistisch aus: für welche Art Musik sollte Sireena da sein?

Tom: Als erstes brauchten wir einen Labelcode, den bekommt man von der GVL erst, wenn man ein fertiges Produkt vorweist. So brachten wir als ersten Tonträger auf Sireena mit der Katalognummer SIR 2001 eine Live-CD meines eigenen Projektes THE ELECTRIC FAMILY heraus. Das hatte den Vorteil, dass die Produktion nicht soviel Kosten verursachte und sich durch den Bekanntheitsgrad des Projektes gleich eine Menge Medien mit dem neugegründeten Label beschäftigten. Wiederveröffentlichungen auf CD sollten im Focus unserer Labelarbeit sein. Und wir hatten gleich Glück, mit den New Wave-Helden ZOFF und den Mittelalterrock-Barden von OUGENWEIDE zwei Projekte auf dem Tisch zu haben, deren CDs sich ausserordentlich gut verkauften. Zu dem damaligen Zeitpunkt arbeiteten wir auschließlich mit den Musikern direkt zusammen, später wandten wir uns dann auch an die Lizenzabteilungen der Majorcompanies oder an Verlage, die über Masterrechte verfügten.
Von Anfang an haben wir uns keinerlei msuikalische Schranken auferlegt, ob Punk, Pop, Jazzrock oder Krautrock, Country oder Indie - alles wurde ernthaft erwogen. Das ist sicherlich der Grund warum unsere Katalog so eine Stilvielfalt aufweist: Henry Vahl, Lale Andersen oder Heidi Kabel findest du neben Interzone, Grobschnitt oder Rotzkotz. Von daher stammt auch unser Leitsatz: Mehr Vielfalt geht nicht!

3. Gab es Ideen, die im Laufe der Zeit als illusorisch abgetan werden mussten? Hat sich das Spektrum im Laufe der Zeit verändert?

Tom: Wir müssen feststellen, dass der Zahn der Zeit auch an unserer Stammkundschaft nagt. Wiederveröffentlichungen aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren machen eigentlich keinen Sinn mehr, da es zu wenige Leute gibt, die sich dafür interessieren. In einigen Jahren wird man so auch über die Siebziger- und Achtzigerjahre denken. Wir sind als kleines Label gottseindank wendig und flexibel und haben vor einiger Zeit mit T-Rave ein weiteres Label geschaffen, auf dem wir jungen Musikern die Möglichkeit bieten, von unseren Erfahrungen und Verbindungen zu profitieren, das heisst über die bewährten und gutausgebauten Promotion- und -Vertriebswege von Sireena Records in die Medien und auf die Märkte zu kommen. Aber natürlich steht die Wiederveröffentlichungsabteilung noch immer an erster Stelle, da gibts noch soviele Projekte, die gewuppt werden müssen. Da bleibt es spannend.

4. Wie sieht es überhaupt aus: wie behauptet sich ein solches kleines Label? Was sind die größten Hürden, die schwersten Lasten?

Tom: Die schwierigste Zeit war die Anfangszeit, aber wir hatten mit unserem damaligen ersten Vertrieb FMS einen großartigen Unterstützer und mit dem inzwischen verstorbenen Rockjounalisten Jörg Gülden einen großen Gönner von Sireena Records. Jörg hat mir unendlich viele Tipps gegeben, an wichrtige Leute weitergereicht, hatte immer ein Ohr frei für Fragen. Ich vermisse seinen Rat bis heute. Was ich damit sagen will, wir sind eigentlich immer mit viel Sympathie und Unterstützung seitens der Branche bedacht worden, bis heute.

5. Wie viele Produktionen legt ihr etwa im Jahr vor? Wie viele gibt es bereits insgesamt?

Tom: Von 2000 bis zum Tode von Lothar Gärtner 2005 waren es rund 25 Produktionen insgesamt. Dann habe ich die Firma alleine geführt, aber nur wenig Neuproduktionen gemacht. Als dann 2008 mit Bernd Paulat ein neuer Partner dazustieß, haben wir das Output enorm vergrößert. Im Grunde war das ein wichtiger Schritt, um Sireena Records auf ein höheres Label zu heben. Inzwischen sind wir ein weltweit anerkannter Reissue-Spezialist. Unser Katalog umfasst inzwischen über 200 Tonträger.

6. Wie sehen die Zukunftspläne aus? Könnt ihr uns Appetit auf bestimmte Veröffentlichungen machen?

Tom: Es wird weitergehen mit mehr Veröffentlichungen auf Vinyl, was uns persönlich sehr freut. Die CD wird allerdings nach wie vor als wichtigster physischer Tontäger im Angebot bleiben. Wir werden weitergraben nach musikalischen Schätzen, die uns bekannt gemacht haben. Trio auf DVD liegt auf dem Tisch, sowie Wonderland, Tritonus, mehr von Tribute, Dead Guitars, Paul Roland, Zara-Thustra, Streetmark, Pee Wee Bluesgang, The Perc Meets The Hidden Gentleman undund. Und natürlich gibs viele Ideen, die noch in der Vorplanungsphase stecken. 7. Eure Hoffnungen?

Tom: Wir arbeiten immer gleichzeitig an mehreren Projekten, das erfordert eine ordentliche Planung, all die verschiedenen Tätigkeiten zu koordinieren. Es müssen Rechte recherchiert werden, Bänder aufgetrieben werden, ehemalige Beteiligte gesucht werden. Ausserdem Texte schreiben, Fotos suchen, Verträge machen und und und. Wenn dann alles vorliegt, gemasterte Aufnahmen, das fertige Artwork, unterschriebene Verträge - und dann alles ins Presswerk geht, dann ist Durchatmen angesagt, bis dann die fertige CD, LP oder DVD angeliefert wird.
Und dann ist Stolz und Freude angesagt verbunden mit der Hoffnung, dass wir das noch viele Jahre machen können. Projekte gibts genug. Wir verfügen über ein großartiges Team, auf das Bernd und ich sehr stolz sind, und alle helfen uns bei unserer Mission.

7. Große Erfolge?

Tom: Erfolge und Misserfolge gehören zu jeder Labelstory. Oft sind es die Projekte, die und die meiste Arbeit und den größten Aufwand abverlangen, die sich letztendlichaber nicht so verkaufen, wie man es erhofft hat. Wir hatten Flops, die einem weh und großartige Erfolge, die uns gut tun. Yes, Ramones, Grobschnitt oder Tribute zum Beispiel gehören dazu.

8. Wie sehen die Reaktionen von Presse, Fans, Sammlern aus?

Tom: Der Musiksammler zählt sicherlich zu unseren wichtigsten Unterstützern. Es ist tatsächlich so, dass ich einen vollen Ordner mit Listen, und Hinweisen zu unveröffentlichten Platten und Liveaufnahmen der vergangenen 40 Jahre habe. Ein großer Teil davon stammt von unseren treuen Kunden, die immer wieder mit Tipps aufwarten, die in diesen Ordner wandern. Manchmal schaffen wir es tatsächlich, so ein Vorhaben zu realisieren und den Tonträger herauszubringen. Dann ist die Freude besonders groß. Ausserdem gehen wir zunehmend auf Plattenbörsen. Die Chance, Bernd dort am Sireena Stand anzutreffen, ist durchaus groß. Auch bei diesen Gelegenheiten ergeben sich wichtige Kontakte zur Sammlerszene. Über das Feedback der Medien können wir uns ebenfalls nicht beklagen, das Interesse war immer groß. Auch an unsere Pressekollegen deshalb ein lautes Dankeschön für 15 Jahre Unterstützung und Zusammenarbeit!

sireena.de

VM




Zurück