Schwarz auf Weiss

Mit Jello Biafra im Studio

Das passiert einer jungen Band nicht jeden Tag. Jello Biafra (Ex-Dead Kennedys), kommt ins Studio und nimmt nicht nur den einen oder anderen Song mit ihnen auf, sondern bringt auch gleich noch ein paar Ideen mit. So geschehen in Bremen, als die Band "Schwarz auf Weiss" ihr aktuelles Album "Jugendstil" aufnahm. Malte Prieser, Sänger der Combo, erzählte ragazzi u.a., wie es zu dieser nicht alltäglichen Zusammenarbeit kam.




ragazzi: ""Schwarz auf Weiss" heißt nicht nur eure Band, sondern auch ein Album von Spliff aus den 80er Jahren. Ist das Zufall?"
Malte: "Das ist Zufall. Unser Bandname bedeutet, dass man einen Blick auf unsere Texte werfen soll. Der Name bezieht sich auf die Redewendung "Schwarz auf Weiss". Das mit Spliff haben wir erst später herausgefunden."
ragazzi: "Eure Einflüsse kommen u.a. aus dem Ska, dem Punk sowie der NDW, in letzter Zeit auch aus dem Deutsch-Pop. Wie kommt es zu dieser bunten Mischung?"
Malte: "Eigentlich sind wir mit Punk und Hardcore groß geworden. Wenn du älter wirst, kommen andere Einflüsse dazu. Einige von uns hören Funk und Northern-Soul. Ich persönlich mag viele deutsche Sachen. Manche hören immer noch jede Menge Punkrock und Hardcore. Und früher haben wir alle auch viel Ska gehört. Das ist allerdings inzwischen weniger geworden."
ragazzi: "Auf eurem aktuellen Album "Jugendstil" sind einige große Namen vertreten. Wie kam es zu der Zusammenarbeit, z.B. mit Jello Biafra, der ja nun nicht gleich um die Ecke wohnt?"
Malte: "Jello Biafra kennen wir aus der Zeit als wir noch mehr in der Punk- und Hardcore-Ecke zu Hause waren. Wir sind einfach zu ihm hingegangen, haben ihm unsere Idee vorgestellt. So haben die "Dead Kennedys" früher ja auch funktioniert. Er fand das alles ganz witzig und hat sogar eigene Ideen mitgebracht, u.a. für das Stück "Das geht doch nicht an".
An die anderen Musiker kamen wir durch unsere Verbindungen über das Weserlabel. Die sehen in uns so ein bisschen die Fortführung von dem, was sie früher selber gemacht haben."
ragazzi: "Was genau ist es, das ihr da fortführt?"
Malte: "Es ist die Verbindung von anspruchsvolleren Texten, wie wir sie machen, mit relativ tanzbarer Partymusik. Wie bei den "Fehlfarben" findet man auch bei uns diesen düsteren Aspekt in der Musik. Und trotzdem kannst du mit uns feiern und tanzen."
ragazzi: "Ihr habt als Ska-Band angefangen. Inzwischen habt ihr euch von dem reinen Ska-Stil entfernt. Inwiefern hängt eure musikalische Entwicklung mit dem 80er Jahre- und NDW-Hype zusammen?"
Malte: "Der ist eigentlich komplett an uns vorbei gegangen. Wir kommen ja aus dem Punk- und Hardcore-Bereich. Als wir die Songs für unser aktuelles Album geschrieben haben - sie sind teilweise schon drei Jahre alt - da war dieser Hype für uns noch gar nicht absehbar, da war ja auch Jürgen Teipels Buch "Verschwende deine Jugend" noch in weiter Ferne. Ich muss ehrlich sagen, dass ich auf diese typischen NDW-Bands nicht so stehe. Mich inspirieren eher Bands wie die Fehlfarben."
ragazzi: "Wieso setzt ihr euch auf der aktuellen Scheibe dennoch so stark mit dem Thema "80er Jahre" auseinander? Ihr wart damals noch so jung, dass ihr kaum über die Zeit reflektieren konntet..."
Malte: "Genau. Weil du eben nicht bewusst reflektiert hast, sondern erst Jahre später gemerkt hast, wie stark dich die Zeit beeinflusst hat. Obwohl wir erst zwischen 5 und 10 Jahre alt waren. Du hast gerade mit deinen He-Man-Puppen gespielt als du im Fernsehen gesehen hast, wie auf dem Platz des himmlischen Friedens tausend Studenten von Panzern überrollt werden. Es sind diese Gegensätze, die man als Kind natürlich nicht so reflektiert, die dich aber schon beeinflussen. Mit diesen Gefühlen wollten wir auf der Platte spielen. Deshalb haben wir Songs wie "Papa Charly hat gesagt" gemacht. Mit schönen, poppigen Melodien, bei denen der Text etwas völlig anderes aussagt."
ragazzi: "Ska-Fans sind eine in sich geschlossene Gruppe. Habt ihr keine Bedenken, dass ihr sie mit eurem "neuen Stil" verprellt? Oder wollt ihr eine größere Klientel "ganz sanft" an die Ska-Musik heranführen?"
Malte: "Letzteres könnte man schon sagen. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich, aber das ist auch gut so. Es gibt Leute, die jetzt sauer auf uns sind. Auf der anderen Seite kommen Leute zu uns, die keinen Bock haben auf diesen absoluten Einheits-Ska. Und so geht's auch uns. Wenn man Ska macht und sich mit der Szene beschäftigt, sollte man sich auch mal umschauen: was sind die Wurzeln, was sind die Einflüsse. Mod, Northern Soul, Power-Pop - all diese Dinge spielen ja mit hinein."
ragazzi: "Ihr habt mal gesagt, ihr wollt einen eigenen Stil entwickeln. Was haben wir in dieser Hinsicht auf euren nächsten Platten zu erwarten?"
Malte: "Es wird viel düsterer werden. Wir wollen mehr mit Steigerungen arbeiten und mit Stimmungen. Was das dann für ein Stil sein wird, kann ich wirklich noch nicht sagen."
ragazzi: "Wie ehrgeizig seid ihr? Habt ihr vor, irgendwann mit eurer Musik Geld zu verdienen?"
Malte: "Wir studieren noch, wollen aber alle in die musikalische Richtung. Ob es nun die eigene Band ist oder als Veranstalter. Manche von uns kümmern sich auch um andere Bands als Manager oder als Produzent. Mit "Schwarz auf Weiss" Geld zu verdienen, wäre natürlich ein Traum, wird aber wahrscheinlich relativ schwierig. Zum Unternehmen "Schwarz auf Weiss" gehören 10 bis 15 Leute. Da kann man sich ausrechnen, dass nie etwas übrig bleibt - egal wie hoch die Gagen sind. Das ist auch nicht weiter schlimm, wichtig ist, dass Musik unser Lebensinhalt ist."

Andrè / Stefan




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