Ein Interview mit Harem Scarem - Juni 2005

Das Leben geht weiter, und diese Kanadier sehen es nicht anders. Kein stagnierendes Album veröffentlichten Harem Scarem in ihrer Diskographie. Mit AOR haben sie kaum noch zu tun. Und das ist gut so: Evolution statt Selbstbeweihräucherung. Gitarrist Pete Lesperance stand mir Rede und Antwort.








ragazzi: "Ein Verlangen zur Entwicklung war bei Harem Scarem schon immer zu verzeichnen. Woher nehmt ihr eure frischen Ideen und die Inspiration?"
Pete: "Ideen und Inspiration kommen einfach irgendwann, wenn man jeden Tag Musik macht. Manchmal durch Ereignisse in deinem Leben, andere Bands oder durch ein neues Instrument, es ist immer unterschiedlich. Unsere größte Herausforderung ist es wohl, all die krassen Änderungen in eine Richtung zu lenken, wo sie für Die-Hard-Fans noch erträglich sind. Wir alle lieben Bands wie Queen, und die hatten keine Angst davor, mit ihrer Musik alleine da zustehen. Wir wollen immer Musik machen, die wir selbst aufregend finden und wir hoffen, dass wir dabei nicht zu viele unserer Fans verschrecken."
ragazzi: "Wo sind die Unterschiede zwischen 'Overload' und älteren Werken wie 'Mood Swings' oder 'Voice Of Reason'?"
Pete: "Diese Alben wurden vor langer Zeit gemacht - für mich sind sie eine Reflektion dessen, was wir damals waren oder zu repräsentieren versuchten. 'Overload' zeigt modernere Einflüsse und eine andere Sensibilität im Songwriting. Ob man das jetzt schlechter oder besser findet - es ist der Punkt, an dem wir uns zur Zeit befinden."
ragazzi: "'Overload' bestitzt eine gewisse ernstere Atmosphäre, die ab und an stärker durchscheint. Gibt es ein textliches Konzept hinter den Songs?"
Pete: "Harry hat den Großteil der Lyrics geschrieben. Ich will nicht stellvertretend für ihn sprechen, aber ich glaube, die Songs sind eher individuell gestaltet, und sollte es ein Konzept geben, weiß nur er darüber Bescheid."
ragazzi: "Warum der Titel 'Overload'?"
Pete: "Er bezieht sich auf den Medienoverkill in unserer Gesellschaft. Ob CNN, Radio, Reality-TV-Dreck oder das Internet - zuviel Information."
ragazzi: "Wie ensteht eine Harem Scarem Platte? Wie kommt alles zueinander?"
Pete: "Nun, Harry und ich schreiben die Songs. Meistens fangen wir an, indem wir kleine Stückchen erarbeiten, die wir dann zusammenbringen, dann sehen wir, was funktioniert.
Im Falle von 'Overload' - es entstand zwischen August 2004 und Februar 2005. Harry hat die Texte geschrieben, ich habe mich um die Musik selbst gekümmert."
ragazzi: "Wie ist es um die Zukunft des Melodic Rocks beschaffen? Seid ihr selbst noch Fans?"
Pete: "Ich will mich nicht gerade als Experten in Sachen Melodic Rock bezeichnen, eigentlich höre ich dieses Genre überhaupt nicht. Meine persönlichen Kriterien für Rockmusik sind die selben wie für andere auch - ich liebe gute Songs. Meine Lieblings-Rockmusik ist von Stereophonics, Muse, Weezer und ich mag einige der Modern Rock-Sachen wirklich: Billy Talent oder My Chemical Romance."
ragazzi: "Könntest du dir also vorstellen, dem AOR und euren Wurzeln eines Tages ganz den Rücken zu kehren?"
Pete: "Letztendlich müsste ich da wieder nein sagen - wir schreiben unsere Songs ohne uns groß etwas dabei zu denken; und wenn dieser Einfluss da ist, ist er da, unsere Produktionen schneiden wir entsprechend darauf zu."
ragazzi: "Könnt ihr von Harem Scarem leben, oder habt ihr noch andere Jobs?"
Pete: "Wir können uns sehr glücklich schätzen, von unserer Musik leben zu können. Zwischen Harem Scarem und unserer Produktionsarbeit schaffen wir es irgendwie, durchzukommen. Ich hatte keinen echten Job mehr, seit ich 17 bin - ich bin schon ein Glückspilz!"
ragazzi: "Welche Musik gefällt dir zur Zeit?"
Pete: "Zur Zeit höre ich die neue Nine Inch Nails, und auch Martha Wainwright, My Chemical Romance und Ryan Adams."
ragazzi: "Was passiert als nächstes bei Harem Scarem, ist eine Tour geplant?"
Pete: "Es gibt einige Gerüchte über eine Europatour im Herbst, mal sehen was daraus wird. Wir lieben die Liveshows und werden unser Bestes versuchen, damit das möglich wird."

Timo




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