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Interview mit Captain Twang im August 2008
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Selten bekommt man Legenden vor das Mikrophon, doch wenn es dann klappt ist das Ergebnis aufsehenerregend! So auch bei Captain Twang and his Rhythm Cat (The Artists formerly known as Eddi und Patricia Wagner), die offen und ehrlich auf gestellte Fragen antworteten!
Viel Spaß mit der ehrlichen Haut und der Frau, die auf selbige eindrischt.
ragazzi: Captain Twang, dem Bluesgeheimnis aus Deutschland...
Captain: Das stimmt doch überhaupt nicht, ich spiele alles Mögliche. Eine bunte Mischung aus Rockabilly, Boogie-Woogie, Surf…
ragazzi: Dick Dale, klar.
C: …und co.
ragazzi: Das heißt, du mischst deinen Stil so zusammen, dass es für dich passt und du dich wohl fühlst.
C: So ist es.
ragazzi: Also kein Purist im Sinne, dass du nur Blues oder nur Country machst. Und das Publikum zollt dir auch Respekt und besuchen deine Konzerte?
C: Bis jetzt schon.
ragazzi: Ihr seit ja nur zwei Mann. Ist das bewusst oder per se?
C: Das ist bewusst, weil das leichter zu handhaben ist, man kann sich schnell absprechen, es ist spielerisch anspruchsvoller und setzt sich von allem ab. Es ist etwas anderes; wir können auch in kleinen Läden spielen und wir müssen das Geld nur durch zwei teilen.
ragazzi: Ihr managet euch selber, nicht wahr?
C: Ja.
Patricia: Das hat uns auch gut gefallen bei den "White Stripes".
ragazzi: Waren die "White Stripes" ein Vorbild für euch?
C: Man könnte sagen, die "White Stripes" haben uns den Weg geebnet. Durch sie ist ein Duett mit Drum und Guitar erst mal akzeptabel geworden. Und dieses Duo ist die ursprünglichste Art von Musik, die im Mississippi-Delta gespielt wird. Über das Internet haben wir Kontakt zu Leuten aus dem Mississippi-Delta und die finden es richtig gut, dass wir das so machen. Und noch älter ist die Tradition im Mississippi-Delta von Flöten und Trommeln, kennst du vielleicht (pfeift "Goin' up the Country"), Canned Heat, das ist das ursprüngliche aus dem Mississippi-Delta. Das ist bei und auch so, ich spiele ja mit Slide-Gitarre und kreatives Schlagzeug. Wir spielen urwüchsige Musik.
ragazzi: Jetzt zur Person "Captain Twang". Du Bist in Wirklichkeit Eddie Wagner, Gitarrenlehrer und so finanzierst du dich im wahren Leben.
C: Ja, genau.
ragazzi: Wo wollt ihr denn mit eurer Musik hin? Ihr seid ja nicht nur auf der Bühne ein Paar, sonder auch im normalen Leben verheiratet.
P: Ja.
ragazzi: Herrscht da schon ein bisschen Verständnis? Dass ihr wisst, was der andere gleich macht, wenn eine für das Publikum unvorhergesehene Situation kommt.
Beide: Ja.
P : Da wundern wir uns manchmal selber.
ragazzi: Hauptfrage: Wo möchtest du mit deiner Musik hin? Welche Ziele hast du?
C: Wir haben ein gutes Programm in den zwei Jahren ausgearbeitet, da ist alles drin von Country über Surf bis Blues, Boogie, und in diesem Programm werden wir unsere Parts immer weiter verbessern. Also nicht immer mehr reinschaufeln, sondern das, was da ist, verbessern, weil das alles so dehnungsfähig, dass man das noch bearbeiten kann.
ragazzi: Und wollt ihr Ausbrüche, wie euer Schweizkonzert und Schweiztournee, öfter ausarbeiten? Ist das in Planung?
C: Dieses Schweizkonzerte waren echt super für uns, denn das waren unsere ersten Live-Auftritte, die haben wir in einem Skigebiet gemacht und wir sind vor völlig unbeeinflusstest Publikum getreten und konnten sehen, wie wir da ankommen. Das war echt gut für uns, denn wir sind gut angekommen. Die waren auch offen. Junge Leute fingen an zu tanzen, das war echt astrein! Das war eine gute Idee. Ein Traum von mir ist zum Beispiel eine Westküstentour in Europa zu machen, in einem großen Bus, kleines Equipment und von einem Surfstandort zum nächsten fahren und die Shows machen. Das wäre supercool!
ragazzi: Dann auch zur südbritischen Küste.
C: Das passt dann mit dem Strom nicht. Zum Beispiel von Dänemark bis nach Andalusien wäre eine super Tour.
ragazzi: Wie seid ihr eigentlich auf die Schweiz gekommen? Habt ihr das geplant, oder habt ihr euch einfach ins Auto gesetzt und mal geguckt?
C: Wir haben da mal Urlaub gemacht und da ist uns dieser Club aufgefallen. Wir haben dann Kontakt aufgebaut und es ist gut gelaufen.
ragazzi: Also ging das schon über vorherigen Kontakt und nicht einfach mal hinfahren und gucken.
C: So einfach ist das auch nicht.
P : Einen Termin haben wir bekommen, da konnten die sich die Musik mal anhören. Dann hat er gesagt wir können da auftreten, zwei, drei mal.
ragazzi: Habt ihr das Eintrittsgeld bekommen oder hat man euch was gegeben?
C: Wir haben richtige Gage bekommen. Harte Schweizer Franken!
ragazzi: Also keine finanzielle Katastrophe geworden, weil ihr mit euren Kosten rauskamt.
C: Nein, wir haben da sowieso Urlaub gemacht. Wir haben es mit Urlaub verbunden.
ragazzi: So finanzieren wir unseren Urlaub später auch.
C: Pfiffig, nicht wahr?
ragazzi: Die Gretsch dahinten, ist das eine Country Gentleman? 5120?
T.: (lächelt) Ja, die hab ich auch von Chet Atkins!
ragazzi:: Oh (sichtlich verwundert)!
T.: Ne, Spaß, die hab ich zu Weihnachten bekommen! Die nehm ich nur nicht überall hin mit, weil die sonst zermackt wird
ragazzi: Bezüglich deiner Tele, die du grade vorgestellt hast, welche Modifikation hast du ihr angedeihen lassen?
T.: Die ist umlackiert, Stratocastertonabnehmer hinten rein (Bridge Position), umlackiert natürlich in Gold als Dick Dale Tribute. Dazu dann ein Düsenberg Tremola Tremolo drauf und die ganze Brücke ist umgebaut auf 3Sattel Vintage Telecaster Style, damit das auch gut klappt mit dem Tremola!
ragazzi: Das Düsenberg lehnt sich ja außerordentlich stark an das Bigsby an. Dumme Frage, warum nicht gleich der Griff zum Original?
T.: Preiswerter, qualitativ hochwertiger und wer einmal auf einem Bigsby Saiten aufgezogen hat, greift sofort zum Düsenberg.
ragazzi: Dann sehen wir da noch eine Stratocaster, die mit einem Hip-Shot Bender bestückt ist.
T.: Das ist meine Slide Guitar und der Hip- Shot zieht die H-Saite auf Cis. Das ist für meine Pedal Steel Effekte. Wenn man die sparsam einsetzt, kommt die gut an!
ragazzi: Ja gut, wenn du das die ganze Zeit machst…!
T.: …ist klar, hört sich das an wie eine tote Katze.
ragazzi: Da hängen noch 2 Klassiker: eine Ibanez Jet King…
T.: Ja, da hab ich einen Stratocaster Tonabnehmer eingebaut.
ragazzi: Ach, schon wieder!
T.: Ja, oder besser gesagt, einbauen lassen. Daneben hab ich dann eine Teisco Del Rey!
ragazzi: Auch verändert, oder ist die ausnahmsweise einmal im Originalzustand geblieben?
T.: Die wurde im Musikhaus Süd ( Recklinghausen!!!!) von Eule komplett überarbeitet. Die ganzen übrig gebliebenen Teile meiner Squier sind in das Teisco Elektronikfach gewandert! Von außen sieht man nur das neue Poti!
ragazzi: Wenden wir uns nun der Verstärkerfront zu: Du hast einen Fender Pro Reverb. Den hast du doch auch noch nicht so lange?
T.: Da bin ich mit mehr Glück als Vaterlandsliebe drangekommen. Der hat neue Röhren bekommen und wird ansonsten nicht angefasst!
ragazzi: Kann man bei dir schon den Trend erkennen, bei Neuteilen sehr modifizierungsfreundlich zu sein, bei dem Vintage Stuff aber alles beim Original zu lassen.
T.: Also Gitarren, die sich aus einer gewissen Zeit rübergerettet haben, sollte man doch so lassen wie sie sind. Einer meiner Gitarrenschüler hat von einem Tanzmusiker eine 69-72 Gibson SG gekauft, da ist wirklich seit 40 Jahren an keiner Schraube gedreht worden. Also, eine Gitarre zu sehen, die nicht von einem crazy Bonehead zerändert wurde, das ist schon eine Ehrfurcht erregende Sache, wirklich : Toll, toll! Diese Gitarre hat zwar einen Sturz gemacht und der Hals war abgebrochen. Das ließ sich aber mühelos reparieren und es ist nach wie vor eine Super Gitarre!
ragazzi: Kommen wir zu deinen Effekten! Da bist du natürlich auch kein Purist!?
T.: Ja, da haben wir erstmal das Korg-Bodentreter Stimmgerät, das ist das wichtigste von allen. Außerdem ein MXR Distortion Plus, das sehr gut mit dem Fender harmoniert .Dann ein Boss Tremolo mit der C4 Modifikation.
ragazzi: Was darf ich mir darunter vorstellen?
T.: C4 mod geht so ,man schraubt das Ding auf, dann schaut man auf die Platine wo man den Widerstand C4 findet, den knipst man ab und schon klingt es besser. Dann schraubt man wieder zu und fertig ist die C4-Modifikation. So weiter geht's. Hier hab ich ein Ibanez AD 99 Analog-Delay. Das setze ich für Slapback-Echos ein. Das läuft an und für sich konstant bei mir.
ragazzi: Jetzt habt ihr in der 2 Mann Besetzung ja relativ viel Luft zu bewegen, müsst ihr alles ausfüllen oder haltet ihr das bewusst sparsam? Oder fragen wir mal Patricia, unterstützt du nur am Kit oder ergänzt du auch kongenial?
P.: Also eigentlich halte ich Spur und unterstütze Eddie, das passt ja auch am ehesten zu unserer Musik.
ragazzi: Der Erfolg gibt euch ja auch Recht. Du bist jetzt seit 2 Jahren Drummerin, wie würdest du deinen Spielstil beschreiben?
P.: Eher kräftig. Ich habe vorher auch Sport gemacht und das quasi auf das Kit übertragen.
ragazzi: Auch dein Equipment ist relativ sparsam gehalten, hättest du Lust, uns das vorzustellen?
P.: Ich hatte vorher nur ein Cocktail Kit, das ich im Stehen spielte, war da aber auch kein Hi Hat dabei. Da ich dieses vermisste, habe ich etwas umstrukturiert. Jetzt kann ich im Sitzen spielen, das ist auch bequemer! Also hab ich jetzt eine tolle Mapex Snare. Das Becken macht dann Ride and Crash in einem, dazu dann eine Cow Bell und die Maracas.
ragazzi: Captain, du als Blue Grass Historiker mit Grateful Dead T-Shirt, wie stehst du denn zu dem Phänomen Jerry Garcia?
T.: Jerry Garcia hatte es drauf, Dinge zu spielen, die mit seinen Gehirn Ein-und Ausgangsbuchsen kosmisch direkt verknüpft waren. Wer das nicht verstanden hat, wird das auch nie verstehen. Ich glaub, das ist dem Jerry aber jetzt auch egal. Fakt ist jedenfalls, das Jerry exzellent Gitarre gespielt hat!
ragazzi: Covert ihr, oder habt ihr auch eigene Kompositionen?
T.: Wir spielen viele Traditionals, also, das kann man eigentlich nicht covern nennen, die sind Allgemeingut! Z.B. Johnny Cash Nummern, die spielt man einfach so. Das ist nicht bewusstes covern! Wir schmeißen unsere Angelleine aus und werfen sie in den kosmischen Teich der Rootsmusik und fischen uns die besten Sachen, die anbeißen. Manche lassen wir auch gleich vom Haken, aber viele Sachen schmeißen wir in den goldenen Eimer, wo sie dann ein glückliches Leben führen!
ragazzi: Berührungsängste vor irgendeiner Stilart hast du beim kosmischen Fischen also nicht?
T.: Nö, aber Metal im Stil von Judas Priest wird es nicht von Captain Twanng geben.
Unsere Musik ist zwar simpel strukturiert aber hat den nötigen Drive, ist also nicht lahmarschig .Das ist beim 12 takt Blues ja eine existierende Gefahr. Und genau das wollen wir nicht. Es muss Drive haben, Klack anfangen und Klack aufhören.
ragazzi: Macht es dir eigentlich Spaß auch vor den verschränkten Armen der Musiker-Polizei zu spielen?
T.: Ja klar gerade dann. Ich steh oben, die stehen unten! Hinter mir unser geiles Logo, das ich für ein altes Effekt-Gerät bekommen habe.
ragazzi: Euer erstes Konzert war ja bei Peter im Komma (Recklinghausen).Da du ja auch schon länger im Geschäft bist, bemerkst du einen Wandel in der Clubszene oder hat sich da nichts getan?
T.: Also in den70grern hatten wir hier in der Altstadtschmiede ja die dollsten Konzerte. Leider ist das irgendwann eingeschlafen. Es ist Peter zu verdanken das die Re Musikszene wieder von den Toten auferstanden ist! Das hat er ja quasi im Handstreich gemacht .Das muss man ihm sehr hoch anrechnen und so langsam ziehen ja die anderen auch nach. Giovannis Musik-Club zum Beispiel .Giovanni war Tour -Begleiter von Eric Clapton ,B.B. King, Molly Hatchett und Ozzy Osbourne und stellt jetzt eine tolle Bühne zur Verfügung.
ragazzi: In deiner langjährigen Musikererfahrung, denn du hast ja schon in mehreren, Bands gespielt, hast du schon mal schlechte Erfahrungen gemacht mit dem Publikum bzw. Clubs, Clubbesitzern? Bist du schon mal übern Leisten gezogen worden?
T.: Nein, denn die schlechte Erfahrung die man macht, hat man sich meistens selbst zuzuschreiben. Wenn du Scheiße spielst, mit einem Scheißprogramm, du wirst Scheiße angekündigt, die Musik ist Scheiße lahm, dann brauchst du dich nicht wundern, wenn alles Scheiße ist! Wenn du dir Mühe gibst und dir das selber Spaß macht, was übrigens das Wichtigste daran ist, dass du selber Spaß hast, dann kommt das auch rüber und dann klappt es auch.
P.: Das strahlt man doch auch aus, den Spaß an der Sache! Das Publikum merkt , ob etwas aufgesetzt ist und einfach nur runtergespielt wird.
ragazzi: Kommen wir zu Thema Eigenkompositionen! Spielt ihr auch eigene Sachen?
T.: Ja, wir haben da ein paar. Aber wir spielen eben gerne Klassiker. Wir greifen nun mal gerne in die Schatzkiste der Rootsmusik. Keine schwere Themen.
ragazzi: Also getreu nach Zappa:"Guter Humor gehört in die Musik hinein!"
T.: Ja, unbedingt. Das ist doch Showgeschäft. Wenn wir jetzt politische Themen behandeln würden, machten wir uns doch lächerlich! Die politische Szene ist so kompliziert, die Fronten so unklar, so verwaschen! Schwarz-Grüne Koalisation! Die Leute sollen von uns belehrt werden? Die werden doch überall belehrt, im Fernsehen, in Zeitschriften! Wie sie ihre Kinder erziehen sollen, wie sie aus den Schulden herauskommen sollen. Zu uns können die Leute kommen, kriegen ihre Packung, die Slide Gitarre bis der Arzt kommt, kriegen Gitarre aus dem alten Verstärker rausgesemmelt, da tun sich Gebirge von Sound auf! Wer politische Themen hören will, soll zum Politiker gehen!
ragazzi: Ein gutes Abschlussstatement! Ich bedanke mich ganz herzlich bei euch und wünsch euch viel Erfolg!
Michael Krampe
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