THE 69 EYES

Interview mit zwei Vampiren

Hui, es war kalt in Köln. Und dann mussten wir auch noch geschlagene 20 Minuten warten, bis wir mit Jussi, dem Drummer und unumstrittenen Mädchenscharm sowie Jyrki, dem Sänger der Finnen, der ohne Sonnenbrille nicht aus dem Haus geht, reden durften. Aber es hat sich gelohnt, denn die Beiden sind alles andere als wortkarg und das, obwohl sie bereits seit mehr als vier Stunden im Interview-Marathon stecken.

ragazzi: "Wie ist es denn in Deutschland zu spielen - ein großer Unterschied zu eurer Heimat? Schließlich seid ihr dort Superstars wie die Kollegen von HIM."
Jyrki: "Wir haben Platin für unsere Platten in Finnland erhalten und das ist es, worauf wir auch hier in Deutschland hinarbeiten. In Finnland sind wir Nummer eins, aber das ist gefährlich für Bands. Du gewöhnst dich dran. Deshalb ist es wichtig in andere Länder zu gehen und dir den Arsch aufzureißen, damit dich die Leute kennen lernen und dich mögen. Und ich denke, wir haben bisher einen sehr guten Job gemacht."
ragazzi: "Ist das Publikum in Deutschland anders als in Finnland?"
Jyrki: "Es ist genau dasselbe. Weißt du, überall wo wir spielen, sieht man die selben Leute, sogar in Finnland sind immer ein paar Deutsche im Publikum. Wir sehen oft die gleichen Gesichter, wo immer wir auch spielen."
ragazzi: "Laßt uns ein wenig über euer aktuelles Album sprechen. Es heißt "Paris Kills". Was soll dieser Titel denn bedeuten?"
Jyrki: "Es hat verschiedene Bedeutungen. Eigentlich kam die Idee daher, dass ich ziemlich viel in Paris herumhänge und als ich nach einem sehr schrägen Wochenende wieder nach Hause gekommen bin, da ist mir die Idee mit "Paris Kills" gekommen. Jeder weiß, dass es sehr viele Prominente gab, die in Paris gestorben sind, ermordet oder beerdigt wurden. Denk nur mal an Jim Morrison. So bekam ich das Gefühl, dass es Paris ist, das die Menschen tötet. Oder der Glamour, die Dekadenz und die Romantik die in Paris in der Luft liegen. Da ist unglaublich viel in der Stadt. So ist es auch ein durchaus positiver Titel, weil er all diese Extreme widerspiegelt. Schau, die meisten Touristenattraktionen in Paris haben mit Kirchen zu tun, dort sind auch viele Geister..."
ragazzi: "Jyrki, du schreibst auch die Texte. Wo schreibst du die? In Paris? Im Bett oder der Badewanne?"
Jyrki: "Bei diesem Album habe ich tatsächlich viele Songs in Paris geschrieben. Das war etwas neues. Wußtest du, dass eine Menge finnischer Künstler Zeit in Paris verbrachten? Was hat diese Stadt? War es der Absinth? Oder ist es doch die Kreativität? Mich beeinflusst diese Stadt einfach - und so scheint es auch anderen finnischen Künstlern gegangen zu sein. Sie haben ihre wichtigsten Werke in Paris geschaffen. Was mich außerdem noch beeinflusst ist das Leben, der Alltag und Filme. Es ist einfach, Filme zu benutzen und zu reflektieren. Bei "Paris Kills" war es unter anderem der Film "Betty Blue". Er ist französisch und die dunkelste Liebesgeschichte, die ich kenne. Ich weiß nicht, ob es für jeden ersichtlich ist, aber es zeigt, daß Liebe auch ein zerstörerischer Krieg sein kann. Für uns Männer sagt er aus, daß du Frauen nicht verstehen kannst."
ragazzi: "Kannst du dir vorstellen, auch positivere, lustige Songs zu schreiben?"
Jyrki: "Ich denke, sie sind positiv! Da kommen ganz andere Bands aus Finnland, die schreiben Selbstmord-Songs. Ich denke, meine Songs und Texte sind positiv. Sie sind "aus dem Schatten" - aber mit Liebe! Es sind immer positive Schwingungen dabei. Ich liebe es, mit den Schatten zu tanzen. Ich habe keine Angst vor dem Tageslicht. Wir beschreiben uns gerne in der Gothic-Musik-Szene als "Daywalkers". Falls man den Film "Blade" kennt - Blade ist der Daywalker. Er ist ein Vampir, aber kann das Tageslicht ertragen. So sind wir - zumindest in der Szene. Wir sind "Helsinki Vampires"!"
ragazzi: "Ist "Paris Kills" euer bestes Album?"
Jyrki: "Es ist sehr erfolgreich und es hilft uns, in der Zukunft andere Dinge zu tun. Aber das war nicht die Frage, oder? "Paris Kills" ist erwachsener und solider. Sie ist übrigens auch auf Vinyl erschienen. Und noch was: Ich denke, meine Stimme ist besser geworden. Auch live. Ich jamme mehr mit den neuen Songs und bin flexibler. Aber unser vorheriges Album "Blessed Be" hatte mehr Gothic-Hits - das realisiere ich aber erst jetzt."
ragazzi: "Was ist euer persönlicher Lieblingssong auf eurer Scheibe?"
Jyrki: "Momentan "Still Water Runs Deep". Das ist live klasse zu spielen."
Jussi: "Ich mag das auch. Wir haben auf diese Frage schon so oft geantwortet. Aber ich mag auch "Radical". Hier kann ich am meisten die Gefühle und Vibes heraushören, die wir hatten, als wir diesen Songs aufgenommen hatten. Ich habe diesen Songs um 6 Uhr morgens eingespielt, daran erinnere ich mich, wenn ich ihn höre. Es war Morgen und trotzdem noch dunkel - man hört diese Dunkelheit förmlich. Die Vibes der Vampire von 69 Eyes."
ragazzi: "Liebt ihr das Tourleben?"
Jussi: "Ich lebe dafür! Wir alle, wir freuen uns so sehr, live zu spielen. Aber lieber auf einer eigenen Tour. Auf Festivals sind immer Leute die nicht wissen wer man ist. Auf einer eigenen Tour weiß man, dass das Publikum Deine Songs liebt."
ragazzi: "Könnt Ihr euch ein Leben ohne Musik vorstellen?"
Jyrki: "Was meinst du, auch im Privatleben? Ohne Musik? Hmm, das wäre wie ein Verbrechen gegen den, der dir das Talent gegeben hat, Musik zu machen. Es wäre einfach ein weggeworfenes Talent. Ich denke, dass ich mein ganzes Leben lang Musik machen werde."
Jussi: "Meine Antwort ist ganz einfach: Nein!"
ragazzi: "Mögt ihr aktuelle Chart-Musik? So was wie Kylie Minogue?"
Jyrki: "Es gibt einige klasse Songs im Radio. Es ist für mich Backgroundmusik, ich höre das im alltäglichen Leben im Hintergrund. Ich mag Nickelback und Papa Roach, dies sind Rockbands und die sind echt cool. Und Kylie! A-ha haben eine der besten Shows gemacht, die ich in diesem Jahr gesehen habe. Aber es gibt ganz viel andere gute Musik, die du nie im Radio hören wirst."
ragazzi: "Viele fragen sicherlich ob es in bezug auf eure Landsleute HIM irgendwelche Eifersüchteleien gibt?"
Jyrki: "Du meinst, ob sie eifersüchtig auf uns sind? Haha! Nein, es sind gute Freunde von uns und wir haben dieses Jahr einige Shows zusammen mit ihnen gespielt. Und deren Sänger ist einer der talentiertesten Menschen, die ich je getroffen habe. Deshalb finde ich es echt schön sowohl Freund, als auch Fan zu sein. Er hatte schon bei Songs von uns mitgesungen, vor sechs oder sieben Jahren."
Jussi: "Und sie nehmen uns ja nichts weg, eher im Gegenteil! Sie können uns sogar helfen mit ihrer Bekanntheit."
ragazzi: "Sagt mal, habt ihr eigentlich schon einmal Songs in eurer Muttersprache geschrieben? Und wenn nicht, warum?"
Jyrki: "Haben wir noch nie. In Englisch können wir viel mehr Leute erreichen. Auf Finnisch würden nur unsere Landsleute gewisse Dinge verstehen. Außerdem bin ich zu international aufgewachsen, als das ich mit finnischen Songs das erreichen könnte, was ich möchte und unsere Landsleute berühren würde."
Jussi: "Um es auf einen Punkt zu bringen: es würde nicht stimmig klingen."
ragazzi: "Danke für das Gespräch!"

Silke




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