18 Summers

Tagsüber Arbeit, abends Musik

Interviewtermine nur abends. So lautete die Zeitvorgabe für das Gespräch mit Felix Flaucher von 18 Summers. Denn Musiker sind er und sein Bandkollege Frank Schwer nur im Nebenberuf. Nach zehn Jahren als Silke Bischof machen beide nun mit neuem Namen weiter, weil man sich nicht länger mit einem ehemaligen Mitglied der Band um die Namensrechte streiten wollte. So ist denn am aktuellen Album "Virgin Mary" auch nur das Etikett neu. Musikalisch blieben die "Freizeitmusiker" weitgehend bei Altbewährtem. Daher wollte ich anfangs auch erst etwas über den "anderen" Felix Flaucher wissen.

ragazzi: "Welcher Arbeit gehst du am Tage nach?"
Felix: "Ich bin Projektmanager in der Druckvorstufe. Meine Aufgabe ist die Organisation und Umsetzung von Aufträgen, die von Werbeagenturen oder Firmen kommen, damit die bearbeitet werden können."
ragazzi: "Und da bleibt genug Zeit für die Musik?"
Felix: "Eigentlich nicht, aber wiederum doch. Ich denke es ist gar nicht schlecht, so ein bisschen Bodenhaftung zu bewahren. Wenn ich das beispielsweise mit Bands vergleiche, die nur mit Musik zu tun haben. Die gehen sechs bis acht Wochen ins Studio. Bringen ihr Album raus. Gehen auf Tour. Dann gehen die wieder ins Studio und machen ihr nächstes Album. Das ist bei uns anders. Da verteilt sich dieser Prozess über einen längeren Zeitraum. Weil wir jeden Urlaub, jedes Wochenende und jede freie Minute für unsere Musik aufwenden."
ragazzi: "Wie tolerant ist dein Arbeitgeber, was freie Tage - vielleicht auch noch kurzfristig - angeht?"
Felix: "Wir sind ja keine klassische Liveband. Von daher ist das gut unter einen Hut zu kriegen. Zwar denke ich manchmal, mir wächst das alles über den Kopf. Es lässt sich aber immer miteinander vereinbaren. Denn ich muss nicht einmal im Jahr zwei Wochen Skiurlaub machen oder mich am Strand in der Sonne rösten."
ragazzi: "Kennen deine Kollegen die Musik die du machst?"
Erich: "Einige. Es gibt ein paar Fans. Kleine Mädchen vorzugsweise. Und es gibt welche die das weniger interessiert. Außerdem gibt es religiöse Leute in meiner Firma. Die können damit gar nichts anfangen. Für die bin ich so eine Art deutscher Marylin Manson oder so was."
ragazzi: "Auf eurem neuen Album überwiegen, wie auf dem letzten "Phönix From The Flames", die ruhigen Töne. Entspricht diese ruhige Art eurem Naturell?"
Felix: "Ja. Die Wurzeln dafür liegen im Songwriting, welches ich zusammen mit Frank mache. Wir fangen mit ein paar Gitarrenakkorden an, dann folgt eine Gesangslinie und der Text. Damit gehen wir ins Studio und setzen das um. Entweder wird es etwas elektronischer, oder etwas akustischer. Es gibt aber auf "Virgin Mary" viel mehr Facetten als früher. Zum Beispiel haben wir diesmal ein Streicherquartett eingesetzt. Unser Herzblut aber liegt im Schreiben der Songs."
ragazzi: "Wie sieht dabei die Arbeitsteilung zwischen dir und Frank aus?"
Felix: "Das ist unterschiedlich. Wir machen oft Akustik-Sessions für uns selbst. Das macht mir am meisten Spaß und ist mir auch sehr wichtig. Wir überlegen uns aber nicht vorher, worum es in den neuen Songs gehen könnte. Meine Texte handeln von dem was mich beschäftigt, was ich denke, von meiner Sicht der Welt."
ragazzi: "Gibt es Themen die häufig oder immer wiederkehren?"
Felix: "Religion. Weil ich denke, dass das jeden irgendwie beschäftigt. Ich will jetzt nicht wie ein Priester klingen. Aber das Leben ist eine ständige Suche nach dem Sinn. Und meiner Ansicht nach, kann dieser Sinn nicht darin bestehen, sich einen Fisch auf's Auto zu kleben oder an diese Jesus Christus Legende zu glauben. So etwas wie das Paradies oder den Sinn des Lebens kannst du nur aus dir selber schöpfen. Und das kannst du nur in der Gegenwart finden und nicht im Irgendetwas, dass nach dem Tode kommt. Denn wenn du auf so einen Tripp kommst, steuerst du irgendwann ein Flugzeug in ein Hochhaus."
ragazzi: "Was an Silke Bischof, oder jetzt am 18 Summers Album auffällt, ist das Coverartwork und die Booklets. Welchen Stellenwert hat das für dich?"
Felix: "Es ist genauso wichtig wie das Album selbst. Ich habe ja ein eigenes Fotostudio und fotografiere seit zehn Jahren. Manchmal übernehme ich auch Auftragsarbeiten. Hauptgrund für das Fotografieren war aber stets Silke Bischof und ist jetzt 18 Summers."
ragazzi: "Ebenso auffällig sind die jungen leichtbekleideten Mädchen auf deinen Fotos..."
Felix: "Soll ich lieber vermummte Mädchen nehmen..."
ragazzi: "Um Gottes Willen, nein!"
Felix: "Ich mache Porträt- und Aktaufnahmen. Eine Zeit lang habe ich mich auch in der Fetish-Szene bewegt. Inzwischen bin ich aber sehr porträtorientiert. Und ein bisschen Möpse und Muschis dürfen ruhig sein."
ragazzi: "Der letzte Song des Albums, "Sibyl Vane", überrascht mit Drum'n'Bass-Klängen. Kann man das als Richtung für weitere 18 Summers Songs sehen?"
Felix: "Unter Umständen ja. Allerdings geht dieses Beispiel auf unseren Produzenten John Fryer zurück. Wir wollten bei diesem Album etwas erdiger klingen und mehr Gitarren reinbringen. Bei "Sibyl Vane" wurden daher zehn Gitarrenspuren übereinander gelegt. Und John Fryer hat dann noch diese Rhythmusgeschichte dazu gebracht."
ragazzi: "Dann kann man also neugierig auf eure weiteren Aktivitäten sein. Vielen Dank für das Interview."

LARS




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