Hedvig Mollestad Trio - Enfant Terrible (rune grammofon, 30.05.2014)


Es passiert nicht allzu häufig, dass in der Männerdomäne der elektrischen Gitarre eine Frau für extraordinäre, abgefahren harte und ausgefallen komponierte Musik steht. Hedvig Mollestad nimmt das gewiss verschmitzt, wie das pseudokonservative Cover zeigt - und spielt sich die Finger wund.
Einer ihrer Einflüsse ist John McLaughlin - und das ist auf "Enfant Terrible" zu hören. Wenn Hedvig Mollestad Thomassen, wie ihr ganzer Name lautet, im Trio mit Ellen Brekken (b) und Ivar Loe Bjørnstad (dr) hier auch eher einen Mix aus Space Rock, Stoner Metal und Jazzrock wagt und dabei ordentlich auf die Tube drückt.
Opener "Laughing John", John McLaughlin (Mahavishnu Orchestra) gewidmet - und geschrieben von Bassistin Ellen Brekken, - geht gleich in die Vollen. Schwere Gitarren, donnerndes Schlagzeug, wuchtig wummernder Bass. 5 Minuten kracht der Song im Stoner Space Geist mit verzwickten Jazzrock-Interplays, die nicht an die 70er erinnern, sondern an abgefahrene Bands/Alben der 90er/00er Jahre.
Die 8 Minuten "Arigato, Bitch", geschrieben von Hedvig und dem einzigen Mann an Bord, Schlagzeuger Ivar, erinnert an gebremste, norwegerisierte Black Sabbath. Manische Stoner-Riffs wüten immerwährend durch das aufgewühlte Thema, und Bass und Schlagzeug poltern vital dazu. In aller Extravaganz sehr cool. Nach zweieinhalb Minuten löst sich die erste Spannung auf und epischer Jazzrock baut ein grooviges Thema, in dem der Bass sein erstes Solo fährt und Hedvigs Gitarre den Sound am Horizont abgrast.
Hier und da scheint es, als sei eine Spur Country im Gitarrenklang, etwa in "Liquid Bridges", dessen 6 balladeske Minuten düster-kratzige Gitarrensounds in heruntergefahrener Härte und Lautstärke präsentieren, wie sie hier und da im countryesken Rock passieren. Die Komposition an sich ist indes Jazzdurchfluteter Rock, sehr verspielt in seinen verträumten Nuancen und epischen Mustern. Das zweiminütige "Rastapopoulos" setzt auf starkes, verhalltes Gitarrenthema und improvisatives Rhythmusgebräu - sehr lebhaft und schön krass die Note, leider zu kurz, live wird diese Idee hoffentlich lang ausgebaut. (Livealbum?)
Noch einmal Black Sabbath: 8 Minuten "La Boule Noire" könnten glatt auf den neuen Streich der alten Recken passen, zumindest das Basisthema. Im Verlauf gewinnt das düster donnernde Stück an komplexem Innenleben, der Wechsel aus schwerer, harter Epik und flüssig-luftigem Jazzrock ist sehr ansprechend und offenbart das solistische Geschick der Gitarristin und den starken Jazzbezug der Rhythmuscrew, die wie nicht zuvor auf dem Album in die Endsechziger stürzen und einen lebhaften Brei kochen, der nur verzückend ist. Mehr davon!
Zuletzt, 6 Minuten vor dem Ende der kurzweiligen 35:39 Minuten, ergreift das Hedvig Mollestad Trio Melancholie. Ellen streicht den Bass, Ivar arbeitet an den Becken und Hedvig gießt ein sanftes Licht aus. Bis die Treppe erklettert ist und das Trio den Song entspannt nachlässig in seine Minuten ziehen lässt. Schöne Schlagzeugarbeit, hochmelodisches Bassthema, weiche, sphärische Gitarrensounds, und doch an bestimmten Punkten kantiges, hartes Spiel, um die eine Etage zu beenden und die andere zu steigen. Da wieder das gleiche Spiel und ein anderer Norweger aus vergangenen Mittsiebziger Zeiten glänzt als Inspiration am Horizont: Terje Rypdal. Nur das Hedvig Mollestad & Crew heftiger rocken und weniger im kühlen Jazz unterwegs sind. Ansonsten ist die Parallele, wie mir gerade scheint, weitaus treffender als John McLaughlin, Tony Iommy oder Jimmy Page (sowie Carlos Santana) - die Hedvig Mollestad als ihre Inspiration benennt.
Empfehlung!

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VM





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