Hasse Bruniusson "Flying Food Circus" (Burlesco 2002)

Der Opener "The Instrument For A Good Dressage" beinhaltet schon so ziemlich alle Elemente, die aussagekräftig für den "Flying Food Circus" sind. Es gibt Anklänge an die Samla Mamas Manna, an die Flower Kings, lyrisch-melancholisches und stets albert so ein schräg-witziges und vergnügt-verschmitztes Durcheinander - wofür Hasse Bruniusson nun im Besonderen bekannt ist - mit den bestimmenden harmonischen Momenten durch das Stück. Zudem durchzieht den "Flying Food Circus" die typisch skandinavische Folklore, was die meisten der vielen guten Alben aus dem hohen Norden so interessant macht. Doch der Reihe nach. Neben Hasse (dr, perc, mar) gibt sich der Flower King höchstpersönlich die Ehre (bs, g), dritter genialer Musiker im Bunde ist Mats Öberg (keyb) von Mats/Morgan. Denke ich anfangs noch, dass Roine die Fäden in der Hand hält, weil einige flowerkingeske Charakteristika zum Besten gegeben werden, so wird doch schnell klar, wer Chef und Namensgeber ist. Mats Öberg hält sich im Spiel nicht zurück, sondern setzt mit ausgezeichnetem und humorvollem Spiel vielfach Akzente. Im Gegensatz zu Roine Stolt jedoch, der einen sehr eigenen "Ton" hat, sind Anklänge an Mats/Morgan nicht nachzuvollziehen. Alle elf Songs, ob mal mehr Rock, mal mehr Folklore, mal mehr wundersam schräges, dabei melodisch-harmonisches Durcheinander, sind äußerst sympathisch. Weder sind die Songs zu abstrakt, noch annähernd bescheiden. Fast schon scheint es in einigen der grandiosen Songs, dass man das Album auch auf dem Marktplatz im Hafen hören kann, neben Fischverkäufern, Hausfrauen, dreckigen Kindern, Seemännern, alten Männern und Huren. Doch ich fürchte, dafür ist der "Flying Food Circus" zu rockbetont. Als würde Hasse seine Vorstellung eines harmonischen, angenehmen Lebens zum Ausdruck bringen und so ganz nebenbei seine melancholisch-humorvolle Ader geschickt in Musik übersetzen. Die Farben und Stimmungen sind vielfältig, da können indische Klänge vorbeischauen, auf dem Akkordeon so ein niedliches Stückchen Folklore erklingen, bei Strawinsky inspirierte Avantgarde zu atonaler Größe aufbrechen - und natürlich gibt es Polka! Die virtuosen, nachvollziehbaren und immer wieder fast schon comicartig humorvollen Stücke präsentieren sich mal emotional-bombastisch, mal kühl-jazzig, mal sehr rhythmusgeprägt (Marimba; Olé!), mal elegisch oder von zerfasert avantgardistischer Natur. Das "normale" Rockinstrumentarium gibt den Ton an. Der Prog-Fan wird glücklich und zufrieden mit dem Album sein, an allen Stellen der 11 Songs sind beglückende Momente zu erfahren. Hasse Bruniusson präsentiert sich als Meister der Komposition und des Arrangements, liebevoll, feinfühlig, aber auch mutig und mit viel Sinn für Humor hat er "Flying Food Circus" zusammengestellt. Eine geglückte Allianz. Die Zusammenarbeit der drei Musiker ist fabelhaft. Die Schönheit dieser Aufnahmen geht im Booklet weiter, allein das Backcover ist bemerkenswert. Daran kommt man nicht vorbei.

burlesco.com
VM



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