Gracious "Gracious!" (Vertigo/Repertoire Records 2004)

Das Debüt von Gracious, 1970 in der Besetzung Alan Cowderoy (g, voc), Paul Davis (g, voc), Martin Kitcat (key, voc), Robert Lipson (dr) und Tim Wheatley (b) eingespielt, hatte fantastischen Heavy Progressive drauf. Zwar waren da noch einige typische Elemente der 1960er zu hören, wie der Gruppengesang, der teilweise an die Beatles erinnerte und die charmante Naivität des frischen symphonischen Klanges. Doch vor allem gibt es in den Songs auf "Gracious!" eines zu hören: Mellotron. Breite Mellotron-Flächen malten den klassisch anmutenden Sound, auf dem die Rockband schön heftig abrockte.
Das geht gleich mit "Introduction" gut los, einem Heavy Prog mit knackigem Rhythmus. "Heaven" im Anschluss daran ist eher entspannt und gießt in 8 Minuten neben dem warmen Mellotron-Sound eine genüssliche laid-back Stimmung aus. Als Gegensatz dazu, auch über 8 Minuten lang, ist das düstere und schräge "Hell" ein fetter Rocksong, der sich aus einem zerstörerischen Orgelsolo entwickelt. Ein Sahnehäubchen mit starkem Rhythmus und großer Wirkung.
Die zweite LP-Seite beginnt mit der "Fugue in D-Minor", einem klassischen Recital, von akustischer Gitarre und Cembalo gespielt, das gut zur Vampir-Tanzszene im Film "Tanz der Vampire" passen würde. Schönes Stück, das die klassische Seite und die technischen Spielmöglichkeiten der Band perfekt präsentiert. Als Höhepunkt der Platte folgt das 17-minütige "The dream" mit einem schweren Heavy-Thema, das in ein geklautes klassisches Motiv umkippt und sich steigert und steigert, bis die Heavyness wieder kraftvoll knüppelt. Ein tolles, lange Zeit rein instrumentales Stück, das viel Frische und nichts von seiner Qualität und seinem Charme verloren hat.
Die im LP-Sleeve Design (wie im Original mit rauer Oberfläche!) wieder veröffentlichte restaurierte und remasterte CD mit Mini-Poster hat 3 weitere Songs drauf. Die beiden (Beat)-Songs einer Single von 1969 und die A-Seite der LP-Auskopplung (die B-Seite war "Fuge in D-Minor") haben nicht die Qualität der LP-Stücke. 1972 veröffentlichten Gracious ihre zweite LP "This is Gracious" und lösten sich danach auf.
Paul Davis spielte später Gitarre für J. J. Cale und einige Country-Größen und veröffentlichte ab 1974 Platten unter eigenem Namen. Martin Kitcat und Tim Wheatley waren noch eine Weile als Sessionmusiker aktiv, die anderen an späteren LP-Aufnahmen nicht mehr beteiligt. Keiner der involvierten Musiker, vielleicht mit Ausnahme von Paul Davis, hatte je wieder einen solchen Erfolg wie mit Gracious.
Tolle Platte, Empfehlung!

milestone-mailorder.com
VM



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