George Kollias "Intense Metal Drumming" (Eigenproduktion 2008)

Donnerlippchen!!! Der momentan vermutlich weltweit beste Trommler des Extrem Metal Sektors und griechische Kosmopilot George Kollias hat vor kurzem eine in Eigenleistung produzierte Hammer-DVD von mehr als drei Stunden Spielzeit (plus Bonus Features wie ein fantastisches Solo, diverse Studio- und Live-Sequenzen, eine Fotogallerie sowie eine Setup-Liste) veröffentlicht, auf der es keine Längen zu attestieren gibt. Startend mit einem Track seiner Stammband Nile zeigt George mit welcher Schnelligkeit, Präzision, Technik und Musikalität er trommelt. Jedem Schlagzeugbegeisterten, der bislang die Blast(ge)bieter-Fraktion belächelte, wird spätestens zu diesem Zeitpunkt klar, dass solche Trommler in einer ganz eigenen Liga spielen, in der sämtliche anderen Drummer dieses Planeten kläglichst baden gehen würden. Dabei sind die Bewegungen des bewegungsfreudigen Griechen so fließend, dass er wie ein Tai-Chi-Meister in extremen Zeitraffertempo wirkt. Nach einer kurzen verbalen, in englisch gehaltenen Einführung (mit sympathischen Greek accent) ins Extreme Metal Drumming widmet sich Mr. Kollias zunächst den Blast Beats und zeigt, wie diese aus den Skank Beats entstanden, wobei er viele Blast-Variationen spielt und auf diese Weise veranschaulicht, dass es nicht DEN Blast Beat gibt. Single Stroke Rolls zwischen Kick und Snare in verschiedenen Tempi lassen deutlich werden, dass Trommler, die entsprechend geübt sind, die zweite Hand und den zweiten Fuß für Akzente auf Toms, Becken bzw. der zweiten Bass Drum oder der Hi Hat frei haben, um damit andere Dinge zu spielen.
Zwischen beiden Füßen alternierende Blasts gönnen der Muskulatur dringend benötigte Pausen, damit sich keine Krämpfe einstellen. (Die Musik Niles stellt in dieser Hinsicht aufgrund stetiger Tempowechsel ohnehin keine allzu große Gefahr für George dar und ist dadurch letzten Endes für den Hörer umso interessanter.) Sogar Triolen werden nicht vergessen, damit das Bastspiel nicht blass und eindimensional wird. Sodann widmet sich George Übungen zur Steigerung von Geschwindigkeit und Ausdauer, die mit zwingender Logik durchzogen sind und bei einem gerüttelten Maß an Geduld des Übenden mit großer Wahrscheinlichkeit zum gewünschten Erfolg führen werden. Herr Kollias bemerkt in diesem Kontext, dass es völlig natürlich und okay ist, wenn sich der Oberkörper bei hohen Tempi etwas nach vorn neigt. Zur Auflockerung spielt George wieder ein Stück von Nile, um sich danach mit dem Thema Double Bass Drumming auseinander zusetzen. Obwohl mir etliche Konzepte des Double Bass Drumming bekannt sind und ich Trommler wie Virgil Donati live erlebt habe, muss ich gestehen, dass selbst er gegen den jungen Griechen zum Waisenknaben mutiert und letzterer auf dieser DVD seine ausgefuchste Technik en détail erklärt, indem er zu deren Erlangung ein ausgeklügeltes System sehr hilfreicher, aufeinander aufbauender Übungen präsentiert. Dabei werden besonders Aspekte wie Balance und Koordination, der führende Fuß, Stop and Go (Double Bass Grooves beginnen und beenden) sowie das Solieren über Double Bass Grooves thematisiert. George betont, wie wichtig es ist laaangsaaam zu beginnen und das Tempo kontinuierlich zu steigern. Verschiedenste Double Bass Grooves serviert er in diversen Tempi, wobei wiederum Triolen berücksichtigt werden. Ebenfalls wird das Unisono-Spiel von Füßen und Händen erläutert. Bevor abermals ein Nile-Song erklingt, zeigt Mr. Kollias, wie man Temposteigerungen in Abständen von 5 bpm bewerkstelligen kann. Er beginnt bei 200 bpm und spielt selbst bei 280 bpm locker seine irrwitzigen Grooves - eine nahezu unmenschliche Leistung, wenn man bedenkt, dass hier nichts hölzern klingt. (Paganini würde sich nur ungläubig Augen & Ohren reiben und eine Runde heulen gehen, könnte er diesem Spektakel beiwohnen.) Nun ist die Handtechnik an der Reihe, wobei George Wert darauf legt, dass die Beherrschung der Moeller Technik für fortgeschrittenes Extreme Metal Drumming unerlässlich ist. Rudiments und Fill-In- Kombinationen in atemberaubenden Geschwindigkeiten werden gekonnt demonstriert und wieder ist - quasi als Zuckerl - ein Lied von Nile an der Reihe. Nun geht es in die Beine, denn Fußtechnik ist angesagt. Herr Kollias ist ein Verfechter der Mixed Heel Technique ("Auf und nieder immer wieder": Je nach Anforderung Heel Up oder Heel Down sowie ein gleitender Übergang von der einen zur anderen Technik.) Der schwächere Fuß wird dabei nicht vergessen und mit speziellen Übungen zu seiner Kräftigung bedacht. Koordination am Set bildet ein weiteres kurzes Kapitel, das nahtlos in die Sektion "Licks and Phrasing" übergeht. Hier zeigt George unter Verweis auf seine eventuell bald folgende zweite DVD (Für das nächste Mal wäre ein Booklet mit der Notation der gespielten Grooves und Übungen empfehlenswert.), wie ein Drummer Gitarrenriffs am Schlagzeug interessant und musikalisch begleiten und somit Dumpfbacken-Klischees vermeiden kann. Dass der Grieche als der Gavin Harrison der Extreme Metal Drumming gelten kann, zeigt die Sequenz "Rhythmic Illusions"; hier spielt er exquisite Schmankerln mit einem solchen Affenzahn, dass der durchschnittlich begabte Trommler an einer chronischen Maulsperre leidet. Damit sich der Mund eines jeden Normalos letzten Endes doch wieder zu einem Lächeln formt, gibt es zum guten Schluss noch ein Werk von Nile zu hören, bei dem Mr. Kollias nochmals zeigt, wie viel Spaß Trommeln doch macht, auch wenn die Musik sehr böse ist. Resümierend muss ich feststellen: Diese DVD, die aufgrund des Winterschlafs der üblichen Firmen nur direkt bei George bestellt werden kann, ist für sämtliche Galopp-Klopper alternativlos und jeden Cent mindestens dreifach wert. Den Namen George Kollias wird man sich merken müssen, denn er wird bald zu den BIG NAMES gehören!!!

georgekollias.com
Frank Bender



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