Frogg Café "Fortunate Observer Of Time" (Progrock Records 2005)

Es sieht nicht nur ansprechend aus, das dritte Album der New Yorker Progressive Rocker Frogg Café. Bill Ayasse (vi, voc, mand, perc), Steve Uh (g, key, vi), Nick Lieto (lead voc, key, p, tr, fl), James Guarnieri (dr, perc) und Andrew Sussman (b, ce, voc) haben mit Hilfe einiger illustrer Gastmusiker, unter ihnen Ed Mann (mar, vibes, perc, Frank Zappa - der Kontakt ist auf der Zappanale 15, 2004, hier in Deutschland, zustande gekommen), 8 feine, lyrische und kraftvolle Songs eingespielt, die symphonischen Progressive Rock, Jazzrock und zappaeske Strukturen grandios vereinen. Meiner Meinung nach ist "Fortunate Observer Of Time" die unbedingte Steigerung zu beiden Vorgängeralben.
Vor aller instrumentalen und arrangementtechnischen Finesse, die von der ausgekochten Band wunderbar gespielt wird, stehen die vitalen und nuancenreichen Kompositionen. Die melodische Sprache vor allem ist der zappaeske Anteil, die ausschweifenden Harmonien und hartnäckigen Disharmonien, die rhythmischen Brüche und niveauvollen Eskapaden.
Frogg Café rocken nicht hart, das ist nicht Anliegen der Band. Die Songs sind sämtlichst entspannt und locker eingespielt, haben Groove und Flair. Das Quintett ist allem Lärm fern. Es geht um feine, nuancierte Melodiesprache, um hinreißende Kompositionen. Mit anderem Instrumentarium und anderen Arrangements könnten die Songs ebenso purer Jazz sein. Im letzten Jahr hatten wir auf der Zappanale und an einigen anderen Orten in Europa die Möglichkeit, der Band zu lauschen. Die Jungs sind nicht mehr von verwirrten Hormonen angetrieben, sondern vom ausgefeilten Sinn für Musikalität im kulturellen Kleid der progressiven Rockmusik. Das ist im Gesang, jedem Solo und den weiten und toll aufgebrochenen instrumentalen Passagen zu spüren. Jede Sekunde der CD spricht davon.
Und diese Verhaltenheit bringt es. Da kommen Harmonien zum Tragen, die selbst im Progressive Rock selten sind. Faszinierende, sensible Momente; poetisch, feinsinnig und von zarten Klangfarben. Selbst die emotionalen Höhepunkte und erregten Passagen sind fern jeder Dramatik. Diese zurückhaltende, erwachsene, souveräne Arbeit in den 8 Tracks ist große und anspruchsvolle Unterhaltung. Die drei ersten Tracks gehören melodisch zusammen, wovon vor allem der zweite, instrumentale Part "Fortunate Observer Of Time" atemberaubend ist. Das setzt sich in "No Regrets", in "You're Still Sleeping" und "Abyss of Dissension" entsprechend fort. Diese ausgedehnten, typisch zappaesken Kompositionsmuster in diesen Arrangements sind abenteuerlich gut, plastisch, virtuos und voller Überraschungen. Was hätte der große Meister dazu gesagt, dass die einstige Zappa-Coverband seine Fährten so vital nachzuarbeiten weiß? Ihre Leidenschaft ist erkannt.
Zwei Probleme könnten Prog Freaks mit "Fortunate Observer Of Time" haben: Gesang und der generelle Klang der CD. Nick Lietos Stimme ist zumeist gedoppelt, die Gesangslinie klingt etwas folkloristisch und sehr amerikanisch. Aber das ist kein Manko, eher eine Marotte, die den größtenteils instrumentalen Reigen ungewöhnlich liedhaft ergänzt. Allein der Klang, bei weitem nicht schlecht, hat eine gewisse Fadheit, etwas Müdes, und Trockenes. Ein wirkliches Manko ist aber auch das nicht, denn die Grandiosität der Musik macht dies mit Verve wett.
Und wenn zum Ende das kurze, klassisch instrumentierte "Release" die einstündige CD abschließt, fließt anmutige Klarheit und Klangschönheit durch den Raum. Sind wir es wert, dass wir es erleben dürfen, solch hinreißender Musik lauschen zu dürfen? Welch Glück, in dieser Zeit zu leben. Danke für diese Platte!

froggcafe.com
justforkicks.de
VM



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