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Franck Carducci "Torn Apart" (Eigenproduktion/Just For Kicks Music 09.01.2015)


Das zweite Soloalbum fällt mit der Tür ins Haus. Es geht mit einem Komplexkracher los, der locker über 10 Minuten läuft und die Bühne bereitet für sieben weitere Songs, von denen kein zweiter so deftig und progressiv abgeht, wie der eröffnende Titeltrack. Doch auch dieser gestattet sich groovesatte, funky Bluesthemen - stampfender Hardrock im stilistischen Rahmen des Progressive Rock.
Franck Carducci zeigt im Laufe seines neuen Albums, dass er es gut krachen lassen kann, und selbst balladeske Themen wie das etwas schwermütige "Closer to irreversible" (4:51) setzt auf deftig heftige Schlagzeugarbeit und schwere Orgelsounds, aber sein eigentliches Faible gilt den leisen Rocktönen, die er besonders gut trifft.
Das geht so weit, dass im 8:02 Minuten langen "Journey through the Mind" liedhafte Poptöne angeschlagen werden, die etwas an den selbst schon gut gealterten NeoProg erinnern, partiell. Zudem gibt es ethnische Attribute indischer Art, durch Sitar und Tablas garniert. Ein hippiesker Song, voller Lyrik und Schöngeist, ein guter Kontrast zum Text (alle Texte sind im Booklet abgedruckt) und zum Hauptthema, das zwei verschiedene musikalische Themen so parallel arrangiert, wie es im Prog heute oft stattfindet. Das Genre hat seine ‚typischen' Merkmale, die in Berklee oder sonstwo in der Stunde ‚progressive Komposition' gelehrt werden können.
"Artificial Love" ist ein symphonisch poprockiger Progsong im Stil von Izz mit Yes-Echo, sehr hübsch und anschaulich und mit 2:10 Minuten angenehm kurz. Darauf öffnet sich der nächste Longtrack. "A Brief Tale of Time", vierteilig, schluckt 12:38 Minuten. Obwohl Franck Carducci sich mit ausdrucksstarkem Gesang sehr engagiert, dauert es eine Weile, bis das eröffnende lyrische Thema seine Qualität entfaltet. Etwas sehr in die Länge gezogen geht es auf Basis der akustischen Gitarre in liedhafte Weite, diese Passage passt ohne Schwierigkeit in das Mainstreamradio. Erst nach 5 Minuten wird es deftiger. Der Synthesizer baut an einem strengen Thema, die elektrische Gitarre gibt ein etwas zu sehr ins Off gemixtes schweres Riff, die Bassdrum geht immer auf Eins, die Szene fällt in sich zusammen. Es folgt das Progthema und schließlich wird es experimentell und damit sehr interessant. Cool gemacht!
Nach dem keine zwei Minuten langen "Girlfriend for a Day" folgt der Rocker "Mr Hyde & Dr Jekyll" (6:16), der zum Mitwippen verführt und auf die kleine Bühne in der Kneipe am Freitagabend passt, wo die Euros für Biere eingetauscht werden. Auch hier gibt es die - für Rock - extravagante Passage. Kommt gut.
Noch einmal bringt Franck Carducci samt Band (in der sich ab und an Steve Hackett tummelt, der hier in einigen Songs zu hören ist) alle Energie zusammen und kreiert mit "Artificial Paradises" eine weitere lange Strecke. Über 14:08 Minuten und Carduccis typischen liedhaften Ansatz bringt sich das nächste kleine Progmonsterchen in Stellung. Wieder einmal winken Izz am Horizont, so ähnlich klingen die Amerikaner in einigen ihrer einfacheren Songs. Die sich schließlich entfaltende Lyrik ist melancholisch tief und trifft auf den Punkt. Daraus wird ein AOR-ähnliches, episches Motiv, das weit trägt und die Minuten gut füllt, ohne dass besonders ausgelassene Instrumentalaktivitäten zu vernehmen sind. Aus Izz werden Dark-Side-Floyd am entfernten Horizont, bevor mit einem großartigen Themenwechsel in verblüffend schöner Lyrikseligkeit eine luftige Coda folgt, die das Zeug für ihre Minuten hat. Aus dem langen Auszug folgt der Bonustrack "School" und der beginnt progressiver als alles, was zuvor auf der CD zu hören war. So etwa hörte sich Carducci auf seinem 2011er Album "Oddity" (http://www.ragazzi-music.de/franckcarducci11.html) an, bis Supertramp sich in ihrer (ziemlich exakt intonierten) Komposition durchsetzen.
Die anspruchsvolle Arbeit "Torn Apart" will nicht mit instrumentaler Extremarbeit trumpfen, sondern setzt auf lyrische, liedhafte und hochmelodische Inspiration, wie sie den gefühlten Vorbildern Izz, Pink Floyd, Supertramp, Genesis und Steve Hackett zu eigen ist (oder war).

franckcarducci.com
justforkicks.de
Frank Bender



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