Franck Carducci "Oddity" (Vocation Records 05/2011)

So ein bisschen erinnert sein Gesang an Mittneunziger Pendragon, sowie einige Arrangements, das Gitarrenspiel und mancher Kompositionsaufbau. Zudem ist viel Pink Floyd Erbe zu vernehmen, Inspiration frühe Siebziger, Klang & Arrangement Endsiebziger. Und nicht zuletzt steckt ein Hauch alter Genesis im Raum, vage zu vernehmen, aber deutlich in der Inspiration. Im Booklet dankt Multiinstrumentalist Franck Carducci einer langen Liste Musiker und Künstler, die ihn inspirierten und prägten. Das Cover stammt von einer Dame, Manuela Mambretti, war ja klar, hätte es der verliebte Musiker sonst verwendet?!
Die Songs sind ansprechend komponiert, haben Tiefe und Inhalt, verblüffen ob manch guter Idee, sind raffiniert, flüssig und angenehm nachvollziehbar arrangiert und in aller Komplexität, allem Anspruch eingängig. Viel Lebhaftigkeit und Energie, Spielfreude und Lebenslust steckt in den nicht immer unprätentiösen Stücken. Alles ist stilistisch fest orientiert. Old School, Retro und Neo Prog treffen aufeinander und begehen eine anmutige Menage á trois, der entspannt und genüsslich gelauscht werden kann.
Ausgefallene Komplexe sind Carduccis Sache nicht, hier wird bombastischer Breitwandsound groß geschrieben, der indes nicht in erster Linie auf Keyboards, sondern auf Gitarre setzt und damit besonders ist. Gewiss schwelgen Keyboards in höchsten Tönen, doch die Rockband wird nicht überfahren, sondern gibt den Ton an. Da können Gitarren krachen, Rock'n'Roll und andere gewachsene klassische Rockkabinette abgefeuert werden. So geht es mal soulig zu, countryesk gar (The Eyes Of Age). "Alice's Eerie Dream" etwa setzt mit schneidenden Gitarren ein, die stetig wiederkehren, über die knapp 12 Minuten wechselt es zwischen hartem Rock und symphonischem Schönklang, was die sich anschließende symphonische Ballade "The Last Oddity" inspiriert, nach 5 Minuten ebenfalls vom Breitwandsound zu floydigem, harten Rock überzugehen.
Als Bonus sind die Genesis-Kopie "The Carpet Crawlers" und das Radio-Edit (!) von "Alice's Eerie Dream" gelistet. Carducci tritt Genesis nicht zu nahe, gibt dem Song ein eigenes Gesicht, das sich vor dem Vorbild verneigt und folkigen Schöngeist flattern lässt. Etliche Gastmusiker waren an der Einspielung der Songs beteiligt. Der Unterschied in technischer und handwerklicher Sicht im Vergleich zu etwa After Crying ist deutlich. Die einen sind Profis und wissen jedem Ton und jeder Nuance das richtige Gewicht, die notwendige Farbe zu geben. Diese hier sind geübte Musiker, die mitreißend zu spielen wissen, qualitativ aber nicht auf der gleichen Stufe stehen.
"Oddity" ist nicht nur ein überraschendes Album, es geht gut ab und ist schlicht cool.

franckcarducci.com
VM



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