The Flock "The Best of The Flock" (Sony 1993, Gottdiscs 2006)

Bei Best Of denkt man gleich an blöde Zusammenstellungen kommerziellster Hits, die im Grunde niemand braucht. Bei The Flock jedoch bekäme man da maximal eine Maxi (oder Mini, oder so) zusammen, die Band war Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger Jahre angenehmer Weise zu wenig kommerziell orientiert, und ähnlich wie bei den ebenso interessanten und unverzichtbaren Briten Colosseum, deren "The Collectors Colosseum" Zusammenstellung wegen nur dort zu hörender Songs, die auf deren regulären Platten nur in Live-Fassung oder überhaupt gar nicht zu finden sind, ein Muss ist, ist "The Best of The Flock" eine wichtige Platte, ähm, CD der Band, weil neben Songs der ersten beiden Platten Tracks enthalten sind, die nur hier und nirgends sonst zu hören sind.
The Flock wurde 1966 von Hochschul-Schülern als Quartett gegründet, Gitarrist Fred Glickstein war Kopf der Truppe, doch erst mit dem Einstieg des furiosen Geigers Jerry Goodman bekam der grandiose, wahrhaft progressive Mix aus Blues, Jazz, Country und Rock seine besondere, ausgefallene Note. Der Violinen-Virtuose Jerry Goodman, der Paganini der Rockmusik, war klassisch ausgebildet, fand jedoch in der virtuosen Rockmusik seine spirituelle Heimat. The Flock improvisierten wie Jazzer und ließen es aggressiv und ausgefallen krachen. Harter, kompromisslos komplexer Rock, lebhafte bis wilde Bläsersätze und das wahrhaft extravagante Geigenspiel machten die beiden LPs der Band beim Progressive Publikum beliebt, wenn die Band live auch Probleme hatte, ihren Sound in den Griff zu bekommen.
Nach den beiden The Flock Platten wurde Jerry Goodman von John McLaughlin, der nach seiner Mitarbeit bei Miles Davis seine eigene Jazzrock-Gruppe (das GENIALE Mahavishnu Orchestra) gründen wollte, abgeworben. McLaughlin suchte einen elektrischen Geiger, befreundete Musiker spielten ihm die Platten von The Flock vor, das technisch ausgereifte und virtuose Spiel erregte McLaughlin sofort und er rief Jerry Goodman, dessen Adresse er nach einigen Recherchen fand, an, und der sagte sofort zu.
The Flock machten ohne Goodman weiter, spielten auch weitere Songs ein, die eher Jam-Charakter haben und auf dieser CD zu hören sind. Jedoch fanden The Flock ihre Mitte nicht mehr und lösten sich schließlich auf. Die Songs ohne Jerry Goodman haben längst nicht die Energie und den hinreißenden Charme wie frühere Stücke.
Mitte der Siebziger kam es zu einer Reunion um Fred Glickstein mit teilweise veränderter Besetzung, unter anderem mit dem Geiger Mike Zydowsky, eine LP, "Inside Out", wurde 1975 bei Mercury Records veröffentlicht, der druckvolle, komplexe Symphonic Rock hat mit der frühen Band jedoch wenig gemein, obschon die relativ kurze Platte interessant ist - und leider noch nicht auf CD vorliegt.
"The Best of The Flock" ist eine Neuauflage der bereits 1993 von Sony quasi identisch aufgelegten CD, der einzige Unterschied ist, dass Fred Glickstein im Booklet neben seinem 1993er Kommentar einen neuen, ausführlichen, wiederum informativen Text abgeliefert hat. Wer die 1993er CD bereits hat, braucht somit die neue nicht. Da die alte Auflage jedoch längst ausverkauft ist, kann die CD nur unbedingt empfohlen werden, den von der 1993 Sony-Auflage identisch übernommenen Hinweis auf dem Backcover, dass die mit Sternchen versehenen Tracks bisher nicht auf CD zu hören waren, darf man dabei schlicht und getrost ignorieren.
Kontakt zu The Flock über Fred Glickstein: fred@hadley.edu
VM



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