Far Corner "Endangered" (Cuneiform 01/2007)

Far Corner ist das Projekt des Komponisten und Keyboarders Dan Maske (Tunnel Project). Vor drei Jahren veröffentlichte die Band - auch bei Cuneiform Records - ihren selbstbetitelten Erstling, jetzt legen William Kopecky (b, Kopecky, Pär Lindh Project, Parallel Mind, Yeti Rain), Dan Maske (key, tr, perc), Angela Schmidt (ce, vi, fl) und Craig Walkner (dr) das Follow Up vor. In eigenen Worten Dan Maskes spielen Far Corner klassisch inspirierte instrumentale Musik, die post-klassische Musik und Progressive Rock miteinander vereint. Konkrete Einflüsse benennt Maske mit Stravinsky, Ives und Bartok und Rockbands wie ELP, King Crimson, Univers Zero und Present. Diese Einflüsse gehen deutlich aus der Musik Far Corners hervor, keinem der genannten Namen steht die Band darin näher als einem anderen, die Einflüsse scheinen sich vielschichtig über jede Sekunde gelegt zu haben, vor allem jedoch ist "Endangered" ein ganz persönliches Statement der Band. Die CD ist hörbar Progressive Rock, der sich von jüngerer klassischer Musik beeinflussen lässt, aber keiner der jüngeren Prog-Szenen wirklich nahe ist und eine eindrucksvolle Eigenständigkeit aufweist, die allein schon mal positiv ist.
Das jedoch ist nicht alles. Die Band rockt sich atonal den Arsch ab und prescht wild und leidenschaftlich durch ihre Ideen. Opener "Inhuman" ist eine improvisierte Note, die in die Düsternis der kommenden Themen führt und das Tempo vorgibt, das die 5 folgenden Tracks überwiegend bestimmt. "Do You Think I'm Spooky?" zeigt vor allem Bartok, ELP und Univers Zero als Einfluss, die Düsternis des rhythmisch betontes Stückes ist enorm und im Höhepunkt der Energie fließen gewaltige atonale Ströme zusammen. Welch begnadeter Wahnsinn!
"Creature Council" ist im Original, wie das Booklet meint, ein zweiminütiges Piano Solostück, dessen jetzige 10 Minuten im Progmetal-Stil ausgebaut wurden. Was jedoch landläufig Progmetal genannt wird und diese ironische und herzhafte Komposition haben wenig gemein. Die Düsternis ist fragil und weicht in einigen Soli humoristischen Noten, überhaupt hat sich hier eine comicartige Würze eingeschlichen, die der dunklen Note sehr gut steht. Außergewöhnliches Stück - in jedem Sinn!
"Claws" wurde im Studio improvisiert, die zerfließende Note haucht in atonalen Fetzen aus den Lautsprecherboxen, ein malerisches Horrormotiv mit wunderbarer Spannung und Gänsehautklang. Ganz anders beginnt die einzige jazzbasierte Komposition "Not From Around Here". Hier sind spielfertige Leichtigkeit und komplexe Notenfolge eine besondere Bindung eingegangen, das Motiv ist herzhaft und fast tanzbar und doch von einiger Abstraktion und spieltechnisch hohem Anspruch. Das Geigensolo im ersten instrumentalen Mittelfeld hat eine Country-Note, aber auch Zigeunerjazz scheint hier Inspiration gewesen zu sein. Später zerfällt die Songstruktur und Piano und Bass vertiefen sich vor dem Hintergrund des düsteren Cellospiels in fragile Spielereien.
Höhepunkt der CD ist der knapp zwanzigminütige Titeltrack, eine experimentelle Bandkomposition, in der zwischen kratziger Düsternis, klassisch melodischem Spiel und abstrakten Parts viel erregende Musik passiert, die unbedingt zu testen ist.
Far Corner dürften es in der heutigen Progressive Rock Szene nicht ganz leicht haben, hat sich das Gros der Fans doch einseitig auf Allzutypisches eingeschossen. Die ungewöhnlich instrumentierte Band - ohne Gitarre - dessen Parts hier das Cello, dort der Bass mit einiger Härte, aber ganz anderem Klang, anderer Intensität übernimmt, macht deutlich, dass stilistische Grenzen nur dumm sind, und zeigt mit großer Inspiration und künstlerischer Gabe eine neue Musikwelt im Progressive Rock, die zu entdecken viel Freude macht! Ihre Ungewöhnlichkeit ist das große Plus der Band.

danmaske.com
williamkopecky.com
craigwalkner.com
cuneiformrecords.com
VM



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