Emmett Elvin "Bloody Marvels" (Bad Elephant Music 22.09.2014)


In den 15 + 1 Songs des Albums "Bloody Marvels" geht es stilistisch hoch her. Chamber Rock im gelichteten Geiste neuer Univers Zero, Minimal Music wie aus der Schmiede Michael Nymans, lyrisch-sphärisches Liedgut wie es in dieser Intensität nur aus dem großen Britannien kommen kann und dortiges historisch-höfisches Folklore-Liedgut weiter trägt, knackfrischer Rockansatz, der vor allem aus der düster-schweren Wucht der Keyboard- und Orgelarrangements aufsteigt und im dynamisch forschen Schlagzeugspiel seinen enormen Höhepunkt feiert (so denn Schlagzeug Teil eines der Songs ist) und allerhand in sich verwobene Klangspielereien, die schöngeistig durch den tonalen Raum dämmern und hier an Thinking Plague, dort an liedhaftere Arrangements akustischer Folk- oder gar Bluessongs erinnern - und vieles mehr.
Emmett Elvin ist vielseitig begabt. Der Keyboarder legt hier sein zweites Soloalbum vor, soweit ich weiß. Nach dem 2013er "Emmettronica", das überwiegend elektronisch geprägt ist, folgt nun dieses wuselige, vielschichtig aufgebaute und vielseitig orientierte Album des Mannes, der in seinen Bands schon in alle Richtungen arbeitet. Knifeworld, Chrome Hoof und Guapo sind bekannte, erfolgreiche und stilistisch weitreichende, unabhängig und selbstbewusst kreative Bands, deren Alben für großes Vergnügen sorgen.
Das komplexe und in seinen Songs reichlich in experimentell scheinende, dabei stets doch in noch liedhaften, nachvollziehbaren Strukturen arbeitende "Bloody Marvels" ist ein Album für Spezialisten, die über Rockmusik in so etwas wie Folk Avantgarde denken. Das Album ist auf akustischen Instrumenten eingespielt worden, denen mit Hilfe von Elektronik, Pedalen und Software hier Hall, dort Verzerrung, schließlich Epik gegeben wurde. Entspannend wie spannend zugleich, ungewöhnlich wie überraschend, eingängig wie sperrig - alltäglich geht es hier nicht zu. Und doch entwirft Emmett Elvin Musik nicht für eine festgefügte Zielgruppe, sondern nach seinem Gestus. Der Mann hat unendlich Idee, scheint es.
So können Avant-Prog-, -Jazz- und -Folk-Freaks ihre Freude haben, während Freunde dieser Lager, in denen es gemäßigt zugeht, wohl nicht in den Sound gelangen.
Für alle Neugierigen: unbedingte Empfehlung eines exquisiten, ausgefallenen und sehr britischen Albums, in dessen gefühltem Echo weite Erinnerungen aufgehen, die mal an frühe Pink Floyd, an exquisite Thinking Plague oder an No/New Wave erinnern, wenn im letzteren Fall die Schräglage probiert wurde.
Großartig!

1. Artificial Pterodactyls Over Leytonstone
2. Phobos
3. Toxic Sweetheart
4. Beyond Astronomy's Reach
5. The Indolent Spark
6. Where Do You Think You're Going?
7. Harmonium Phosphate
8. Nocturine
9. Jupiter Sneezed
10. Two Tree Island Drowning
11. Disaster Avenue
12. Witness Unknown
13. Medicine Box
14. Outro
15. X Corpus (bonus track)
16. Dustbowl Prizewinner (bonus track)

Emmett Elvin: 6 & 12-string guitars, resonator slide guitar, piano, recorders, percussion, mandolin-banjo etc.
Beverly Crome: French horn, tenor horn
Chloe Herington: bassoon, cor anglais, alto sax
Richard Larcombe: harmonium
Anna Tam: cello
Daniel Friend: trumpet
Matt Stevens: 6-string guitar
Sarah Anderson: viola, violin
David J. Smith: percussion
Will Elvin: acoustic bass
Oliver Sellwood: baritone sax

All titles written and arranged by Emmett Elvin
Produced by Emmett Elvin
Mixed and mastered by Mark Cawthra

music.badelephant.co.uk
VM



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