Dismal „The Waltz Of Mind“ (Aural/Soulfood 2013)

Diesmal gibt es kein Pardon, habe ich mir geschworen, denn wenn ein Schlagzeuger das Album einer Band rezensiert, auf dem kein Mitglied der schlagenden Verbindung angehört, muss dies aufs Härteste bestrafft werden. Doch was ist das? Die Musik der Italiener lässt meine Gedanken im Paso Doble abwechselnd Walzer und Tango tanzen, bis mir ganz schwingelig wird. So etwas habe ich bislang noch nicht vernommen, weder in direkter noch in indirekter Weise; zu Liedtexten, die von psychologischen und spirituellen Themen handeln, wird Musik gemacht, die Frank Zappa sich im Grabe umdrehen lässt, weil er von Kunstbanausen mit dem Gesicht nach unten beerdigt wurde. Konzentriert und völlig verzückt lauscht der große Zappano den Klängen von „The Waltz Of Mind“ und vergisst dabei, dass sein Körper tot ist. Was er hört, ist in der Tat einzigartig: Gitarrenriffs treffen auf Barockmusik, elektronische Schlenker verschmelzen mit Tribal Drums und Feengesang setzt sich nachtfaltergleich auf wavige Instrumentalstrukturen. Der akustisch-zarte Schmelz-Tiegel klingt, als ob Mr. Bungle und Devil Doll, begleitet vom Rondo Veneziano, beim Dead Can Dance-Wettbewerb mitmachen. Extrem abgefahren und dennoch sehr süffig, nichtsdestoweniger als ein Geniestreich, untermalt von Streichern. Rossana Landi spielt doppelt Bass und phoniert weiblich, Valerio Mosso violiniert, Daniele Porfido zerrt an der achtsträngigen Gitarre, Bradac tastet sich gekonnt durch diverse Klaviaturen und perkussioniert rudimentär auf allen Programmen. Die Gesänge sind extraordinär und multikolossal: italienisch, französisch, deutsch und englisch. Tief beeindruckt neige ich mein Haupt zum Lautsprecher hin, um jedes Detail der dismaligen Kompositionen noch besser wahrnehmen zu können. Ein Trommler würde in der Tat Zaubersticks brauchen, um sich in kongenialer Weise einbringen zu können; Manginis, Minnemanns, Langs und Donatis Italiens, wo seid ihr? Hier könnt ihr zeigen, was ihr wirklich draufhabt!!! Eine Kombination aus Manu Katche und George Kollias dürfte das Rennen machen und ein Schlagzeuger aus Fleisch und Blut ist meines Erachtens denn auch die einzige Steigerungsmöglichkeit für die nächste Scheibe dieser Band. La Donner è nobile...

dismal.eu
Frank Bender



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