Technik



Digitech

DF7 versus Line 6 Crunchtone

Da machen wir uns mal nix vor!
Verzerrer sind die Königsklasse der Effektpedale! Keine andere Pedalklasse ist derart umkämpft, beworben und übersät mit Neuheiten. Verzerrer geben uns das, was wir brauchen. Eine Stimme. Und die Möglichkeit, Schludrigkeiten seitens des Spielers zu vertuschen. Und sind wir mal ehrlich: gute Delays für teuer Geld kann ja fast jeder bauen. Aber son richtig mordsgeilen Zerrer mit abartig scharfem Ton, das, meine Damen und Herren, ist eine Kunst, die nur wahre Könner bewerkstelligen können. Big Muff p, Tubescreamer, Boss DS1, DOD 250, Marshall Guvnor, das sind noch Namen, da kriegt man einen feuchten Schlüpper und 'nen trockenen Mund. Jetzt ma ohne Scheiß, Sie stehen doch genauso wie ich und andere vorne am Bühnenrand und beäugeln das Equipment des jeweilig Auftretenden. "Boah, ein Arbiter Fuzz Face, die Sau!"
Aber nur wenige Pedale haben das Zeug zum Klassiker, diese beiden könnten es schaffen.
Fangen wir mit dem Line 6 Crunchtone an!
Gute Güte, ist das schwer, fast das Doppelte eines normalen Treters. Ich denk, wir haben 'ne Rohstoffkrise?! Ein Blick auf die Unterseite erklärt alles. "Made in China" heißt es da!
Haben die Schlitzis doch damals unsere Stahlwerke aufkaufen dürfen, weil man dachte, man bekommt es von ihnen in Stahl günstiger. Aber auf Kies gefurzt! Wieder einer dieser fragwürdigen Managerentscheidungen, für die das arbeitende Volk bluten muss.
Aber zurück zum Crunchtone.
Beim Design hat sich Line 6 ja noch nie die Butter vom Brot nehmen lassen und die Tonecoreserie, zu der Crunchtone gehört, ist dermaßen futuristisch durchgestylt, dass das Pedal durchaus aus der rechten Ecke bei Star Wars Filmen auftauchen könnte. Kennt man ja bestimmt, so am Filmanfang! Regelbar sind über 4 Potis. Level, Bass, Treble und Gain, sowie über 2 Schiebschalter, Blues, Pop, Crunch und ein Noisegate.
Blues simuliert hier einen edlen 6L6 Röhrenamp (Fender/Boogie), Pop einen Class A Amp (Vox, Matchless) und Crunch geht in die Marshallecke. Damit ist der Crunchtone eher ein Ampsimulator als ein reiner Verzerrer.
Das Noisegate macht seine Aufgabe sehr gut und kann auch komplett weggeschaltet werden. Der Ton des Kameraden ist übrigens in jeder Einstellung sehr sauber und edel, fast schon ein wenig steril!
Bemängeln muss ich hier nur die zu kleinen fragilen Potis und den sehr hohen Batterieverbrauch, denn nach 10 Minuten frisch aus der Box waren die Batterien schon leer gelutscht.
Auch verträgt sich der Kollege nicht mit jedem Netzteil, so dass ein Line 6 Netzteil auf jeden Fall gekauft werden muss. Bei dem Streetpreis von 99 € kann man von einer lohnenden Investition reden. Zur Not kann man das Ding ja einschmelzen und einen Smart daraus klöppeln.
Die anderen Pedale der Tone Core Serie stehen in punkto Qualität und Sound dem Crunchtone in nichts nach.
Kommen wir jetzt zum Digitech DF7, der nicht wie der Crunchtone die Midgainsoundpalette bedient, sondern das ganz große Brett liefert! Tubescreamer 9, EH Big Muff p, DOD 250, Boss DS1, ProCo Rat, Boss Metalzone, Digitech Metalmaster. Der Edeltreter der X-Serie liefert sie alle übers Modelpoti. Ein Dreh und Digitech digitiert zu…, na ja, kennt man ja! Nur geht der Kumpel hier viel weiter, denn im Gegensatz zu den Originalen ist die Tone- und Gainbearbeitung wesentlich ausgefuchster! Dank der 3 Doppelpotis können hier für jedes Modell Gain, Level, Lox, Midfreq, Mid, Gain und High eingestellt werden.
Mit den Regelmöglichkeiten ist der DF7 ganz klar der König der X-Serie. Auch äußerlich stellt er seine Omnipotenz klar heraus.
Carbonitfarben wie die frühen Statusbässe beweist er wahrhaft schlichte Eleganz. Highlight ist der Big Muff Mode, bei dem selbst Zappa seine helle Freude gehabt hätte.
Bevor ich es vergesse, 7 Boxensimulationen bietet der DF7 auch noch und der Mixerausgang rundet das Spaßpaket dann ab.
Preislich liegt der DF7 nah beim Line 6 Crunchtone. Ne ganze Menge, die man da fürs Geld bekommt. Kein Wunder, dass Kirk Hammett (Metallica, Rockschtar) bei den letzten Produktionen überwiegend auf Line 6 und Digitechtreter zurückgriff.
Aber auch uns Zappafans müssten die Tonsimulationen geläufig sein. Kleine Kostprobe gefällig? Na, denne:
Ibanez TS9 Ike Willis, Steve Vai, Warren Haynes
DOD 250 Yngwie Malmsteen
Boss DS1 Steve Vai, Joe Satriani
Pro Co Rat Frank Zappa
Digitech Metalzone Mike Keneally
Boss Metalzone Mike Keneally
EH Big Muff Frank Zappa, Warren Cuccurullo, Frank Marino
Ach, und gewichtsmäßig, auf meiner Küchenwaage wiegt der Crunchtone so um die 1,1 Kilo und die Distortionfactory 700 gr.
Ein normales Pedal wiegt so zwischen 400 gr und 470 gr. Geschnitten oder am Stück? Darfs noch was mehr sein?
Da bleiben ja auch kaum Wünsche offen, die Tonecoreserie (Crunchtone) setzt die eingehenden Gitarrensignale besser um, als die Line 6 StompBox Modell Serie. Und bei Digitech ist man auch konsequenter an die Tongestaltung gegangen. Die bereits von anderen X-Seriespedalen bekannten DOD 250, TS9, Metalzone usw. sind hier authentischer. Und die Midfreqregelung 200 Hz - 5 KHz sowie der "Flexible Output Mode" machen tonal wirklich Sinn.
Der Big Muff p Mode gefällt mir dermaßen, dass das DF7 als treuer Freund auf meinem Brett endete.
Fast zu schön, um getreten zu werden!
Bei diesem Vergleichstest gibt es keinen Verlierer. Beide Zerrer versorgen den interessierten Musiker mit unglaublich tollen Sounds und sind eine Zierde eines jeden Probenraumes.
Kritisch anmerken möchte ich auch noch, dass alle Simulanten, egal welcher Couleur, immer auf Nummer Sicher gehen. Was ist denn mit Z. Verzerrern (krank) oder VCF Oberheim? Bionic Expandora oder Ibanez FL5? Da warte ich ja regelrecht auf preisgünstige, geklonte Tonsimulationen!
Viel Spaß trotzdem, mit den (nicht ganz) Boutiquepedalen.

Michael KrAMPe
"Wir müssen jetzt so langsam los!"


Lutz Lektor
"Das ist alles ganz furchtbar!"




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