Dewa Budjana "Hasta Karma" (Moonjune Records 06.03.2015)


Zwei Alben im Jahr 2013, eines 2014, vor gerade einmal 9 Monaten. Jetzt, Anfang 2015, ein weiteres - der indonesische Jazzgitarrist Dewa Budjana legt innerhalb von 3 Jahren 4 Alben auf, die allesamt wenig vergleichbar untereinander und je sehr anspruchsvoll sind. Wurde wohl höchste Zeit, der Kreativität freien Lauf zu lassen.
Dewa Budjana hat längst seine eigene Handschrift bewiesen. Als Gitarrist wie als Komponist. Stilistisch zeigt sein Electric Jazz diverse Parallelen zum Jazzrock. Deutlich zu hören in den zahlreichen, dieses Mal eher marginal auftretenden folkloristischen Merkmalen ist stets seine musikkulturelle Herkunft. Seine Songs sind hochkomplex, anspruchsvoll und fern von Mainstream, haben viel lyrisches Gehalt und können kraftvoll rocken.
Nicht weit vom Kosmos Pat Methenys entfernt, nicht was sein Gitarrenspiel, sondern die Idee der Songs und ihre Arrangements betrifft, und das weiche, sanfte Auftreten im Vergleich zum Jazzrock, haben die Songs meditativen, verinnerlichten Charakter. Das Cover trifft in seiner schwelgerischen, hingebungsvollen Art den Ton der Musik genau.
Für "Hasta Karma" fand ein äußerst interessantes Line-Up zusammen, das wohl allen Beteiligten nach der neugierigen Vorfreude viel Spielfreude und Erfüllung gab. Über die Erfahrung, mit diesen neuen, zuerst noch unbekannten Musikern zu arbeiten, die ein ähnliches stilistisches Feld bearbeiten, kommt hinzu, dass Indonesier auf Amerikaner trafen, die unterschiedliche soziokulturelle Prägungen mit sich bringen. Wie funktioniert das?
Dewa Budjana (g, soundscapes), Joe Locke (vib), Ben Williams (upright b) und António Sanchez (dr) samt den Gästen Indra Lesmana (p, melodica, Tracks 4, 5 & 6) und Jro Ktut Sidemen (voc, Track 4) haben gewiss ihre eigenen Vorlieben, doch sie verbindet Dewa Budjanas Idee - sowie die handwerkliche Qualität, die einen Jeden für das Projekt prädestinierte.
Vibraphonist Joe Locke spielte unter anderem bereits mit Dizzy Gillespie, Pepper Adams, Grover Washington Jr., Dianne Reeves, zahlreichen Rock- und Popmusikern, kann auf eine umfangreiche Diskographie (auch unter eigenem Namen) zurückblicken und treibt sich gern in Jazz-Charts herum.
Schlagzeuger extraordinaire António Sanchez und Bassist Ben Williams spielen fest mit Pat Metheny in dessen Unity Group zusammen, und waren schon vordem in zahlreichen erstklassigen Jazz-Ensembles aktiv. Preise & Alben - jeweils etliche.
Schon Indra Lesmanas Vater ist Jazzmusiker, beide arbeiteten seit Ende der 1970er Jahre in Australien zusammen, gründeten dort eine Latin Jazz Fusion Band. Indra Lesmana spielte daraufhin mit zahlreichen Größen im Jazz, seine Diskographie ist eindrucksvoll umfangreich.
Dewa Budjana selbst begann 1976 im Alter von 14 Jahren Musik zu spielen. Seine erste ‚echte' Gitarre kaufte er 1981. Seitdem ist der Gitarrist in zahlreichen Projekten und Ensembles aktiv, veröffentlichte als Sidemen und unter eigenem Namen zahlreiche Alben.
Seine musikalischen Einflüsse sind (u.a.) John McLaughlin, Chick Corea, Yes, Gentle Giant, Kansas, Tangerine Dream, Pat Metheny und Allan Holdsworth. An Einflüssen zu hören sind auf "Hasta Karma" besonders Pat Metheny und Allan Holdsworth, aber auch der späte, aktuelle John McLaughlin, wobei Dewas Spielweise und Gitarrensounds eigener Prägung sind.
Die Kompositionen passen in den Electric Jazz. Wenig Rock-Charakter und diverse ethnische Einflüsse (der partielle Gesang sowie einige Arrangements) sind zu hören. Eine gewisse balladeske Note prägt das Album. Das Ensemblespiel ist sehr dicht und verzahnt, die Arrangements lebhaft und vital. Der Einsatz des Vibraphons ist herausragend. Doch auch die Rhythmusarbeiter sind weitaus mehr als ledigliche Basisarbeiter. Ebenso kann die komplette Band unisono Rhythmus ausarbeiten, und gleichzeitig Melodiearbeit betreiben. Die Stücke sind sehr fein, fast eine Spur zu leicht. Doch ungemein kraftvoll und virtuos fließen die entspannten Tracks dahin. Soli an der Gitarre geraten in ausführlicher Dauer schon mal in schwer harsche, rockharte und radikale Ausmaße, während die Soli an Bass und Vibraphon weitaus lyrischer und jazzbetonter zu hören sind. Pianosoli sind besonders jazzabstrakt angelegt, was für den besonderen akustischen Eindruck sorgt, der die elektrischen Arrangements eindrucksvoll ergänzt. Großartig die hochkomplexe, enorm verspielte und virtuose Schlagzeugarbeit. António Sanchez ist der perfekte Jazzrock-Schlagzeuger.
"Ruang Dialisis" als vierter Track erinnert mich kompositorisch sehr stark an Frank Zappa, im Verlauf des Songs verliert sich der Eindruck, doch die komponierte Basis, wohin die Band stets wiederkehrt, führt diesen Eindruck immer wieder vor (und klar, der Songname fällt mir gerade nicht ein…).
"Hasta Karma" ist vielmehr ein Jazz- als ein Rockalbum. Und unbedingt empfehlenswert.

1. Saniscara (8:01)
2. Desember (7:32)
3. Jayaprana (8:32)
4. Ruang Dialisis (11:43)
5. Just Kidung (10:01)
6. Payogan Rain (6:44)

moonjune.com
VM



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