Dana Reason Trio "Revealed" (Circumvention Music, VÖ: 11/2009)

Wer im Jazzregal hinter dem sanften Coverbild von Dana Reasons "Revealed" Album Schmusejazz vermutet, wird wohl, wenn er in den energischen Sound des Trios hineinhört, mit den ersten Tönen schon Haare und innere Antennen zu Berge stehen haben. Denn wenn im Laufe der 48 Minuten und 7 Songs der laute, virtuose Modern Jazz seine vitale Kraft immer wieder auch in intuitiv sphärische Melancholien versinken lässt, aus denen erneute drahtige Energiebündel wie heiße Quellen schießen, so ist doch nichts vordergründig eingängig, leicht - oder gar kuschelig.
Dana Reason am Piano, Dominic Duval am Stehbass und John Heward am Schlagzeug spielen harmonisch dichte Songs, mit berstender Kraft und stürmischer Spiellust, mit forschem Selbstbewusstsein und künstlerischer Tiefe. Die Stücke sind melodisch aufregend, springen mit nervöser Intensität an und verebben erst, wenn die Themen ausgespielt sind. Alle drei sind als Melodiker aktiv, einander Themen und Solopartien zuspielend, aber auch das abstrakte Miteinander rasant und geradezu übermütig ausprobierend. Da kann es passieren, dass keiner zurücksteht und der Klangraum so hoch voll gespielt wird, dass das Getöse gar prächtig und nichts prüde oder staubig ist. Hier sind drei Süchtige am Werk, in deren Knochen, Muskeln und Gehirnen unbändige Spiellust steht. Das Trio scheint sehr gut aufeinander eingespielt. Die junge kanadische Pianistin ist hier das erste Mal in der führenden Rolle zu hören, die beiden sie unterstützenden und energisch mitarbeitenden Melodierhythmiker haben sicheres Selbstbewusstsein, geübte Finger und abstraktes Improvisationsverständnis, John Heward ist eine Generation älter.
Ihre Handschrift als Komponistin, vor allem als Pianistin ist sehr eigen, beweist klassische Schule, die sie in anderem Umfeld auch praktisch ausführt, wie dies Schlagzeuger John Heward in der Neuen Musik tut, und sie erinnert mich in ihrer verspielten Innigkeit an Thelonious Monk, wenn dessen melodische Versiertheit doch eine ganz andere, nicht vergleichbare, war.
Flüssig-fetter, fast grooviger Blues wird in "Front Street Blues" über 8 Minuten improvisativ ausgewertet, Bassist Dominic Duval steht für die dichte Rhythmuswucht, während Drummer Heward mit illuster abstraktem Spiel die verschachtelte Veredelung gibt. Und nicht nur hier klingt das Trio, als hätte es sich mitten der trockenen Studioatmosphäre in Trance gespielt, sei versunken in seine Songs, in die Intensität der Themen. Und ich könnte schreien: wenn die Bagage der Popmusik nur einmal zuhören würde, kein Kitschmüll säße länger in ambitionierten, aber ungebildeten Nachwuchsköpfen fest (den anderen ist wohl nicht und nie zu helfen).
Meisterhaft, elegant, intensiv, heavy!

danareason.com
circumventionmusic.com
VM





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