Cryptosy "None So Live" (Century Media 2003)

Live-Scheiben waren schon immer eine zwiespältige Angelegenheit. Einerseits können sie Zeugnis von der Live-Qualität einer Band ablegen, die ihrerseits z.B. durch Improvisieren oder Umarrangieren ein differenzierteres musikalisches Bild abliefern kann. Und es gibt Bands, wie in diesem Fall, die man einfach mal live gesehen/gehört haben muss, was den Sinn so einer Platte schnell rechtfertigt. Andererseits aber werden solche Scheiben komischer Weise immer dann auf den Markt geschmissen, wenn die Band aus welchen Gründen auch immer schon lange von sich nichts studiotechnisches hören ließ. So ist auch der Cryptosy-Standard von 2 Jahren Pause zwischen den LPs schon längst überfällig. Ein Fakt, der durch Argumente wie "permanentes Touring" (evtl. verbunden mit Kreativitätseinbuße?) und "Sängerwechsel" (der genauso obligatorisch in einer 2-Scheiben-Periode vollzogen wird) nicht gemildert werden kann. Dafür läßt dieser hoffentliche Vorgeschmack auf baldige Studio-Ergüsse kaum Wünsche offen bei fanatischen Cryptosianern und würdigt retrospektiv jede Veröffentlichung der Kanadier, die, mal kurz am Rand erwähnt, allesamt zu den Klassikern des Death/Grind-Sektors zählen. Da es für diesen Bereich eher untypisch ist, die Songstruktur für eine Live-Performance zu überarbeiten, überrascht die Akzentuierung musikalischer Ideen (gerade bei einer technisch brillanten Perle wie "Cold Hate, Warm Blood") durch Drosseln oder Beschleunigen des Tempos (an den dafür angebrachten Stellen natürlich). Soviel zum besonderen. Ach so... da war ja auch noch das Drum-Solo! Dieses Pose-Relikt alter Tage und beliebter Live-Show-Füller sowieso wird hier in entsprechendem Rahmen entstaubt, um die unantastbaren Künste von Mastermind Flo Mournier schlagkräftig ins Licht zu rücken. Als ob sie nicht schon die ganze Zeit gewitterhaft alles untermauern, quasi das donnernde Fundament des musikalischen Wahnsinns bilden, den Cryptosy ausmacht. Eine transparente Produktion und die nativen Vibes des Publikums (aufgenommen wurde im heimischen Montreal) runden ein gelungenes Live-Hörerlebnis ab.

Felix



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