Ciccada "A Child In The Mirror" (Fading Records 2010)

Fading Records ist ein Teil von Altrock Productions, deren erste Produktion "A Child In The Mirror" der griechischen Folk-Prog-Kapelle Ciccada ist. Fading Records soll die interessanten Produktionen auffangen, die nicht in den Altrock Katalog passen. Eine gute Idee, so verwischt sich der Anspruch des Labels Altrock nicht, nur und ausschließlich extravagante progressive Rockmusik zu veröffentlichen. Mit Fading Records ist ein Mittel gefunden worden, Nebenbaustellen eine Basis zu geben, die selbst auch und ungemein progressiv orientiert sind, ohne extravagante Rockmusik zu sein.
Ciccada spielen den mir bekannt komplexesten Folkprog der heutigen Zeit. Neben Einflüssen wie Gentle Giant, Gryphon, Spirogyra, Jethro Tull, Strawbs, Curved Air und Renaissance sind Anklänge an Hatfield and the North und Änglagård auszumachen, ebenso an Alan Stivell und zudem eher eingängigeren, leichtgängigeren Folkrock. Die komplexe Orientierung überwiegt bei Weitem. Diverse progressive Muster, wie sie bei Gentle Giant gefunden werden können, jazzige Laszivitäten wie von National Health oder eben Hatfield and the North und der typische dunkle Rhythmus- und Strukturbruch von Änglagård sind in exzellenten Beispielen enthalten, in verschiedenen Gewichtungen und Mengen.
Was bislang klingt, als könnte ich dem Album nur technisch etwas abgewinnen, ist nur die erste Beschreibung. Die warmherzige und illuster virtuose Einspielung der instrumentalen Seite der gesamten CD, der 10 Tracks und knapp 58 Minuten enthält, ist berauschend und hinreißend, von großer Schöngeistigkeit und bunter Vielfalt, die nicht nur beeindrucken und mitreißen, sondern überaus überraschen und in ihrer Komplexität verblüffen. Fast könnte ich annehmen, diese Struktur habe nur darauf gewartet, komponiert und eingespielt zu werden, als sei es ganz natürlich, sie zu hören und als müsse sie ganz genau eben so sein, wie sie ist.
Ciccada überraschen, ungeahnt liegt da ein Folkprog-Meisterwerk zum Hören bereit, das altbekannte und geliebte Stilmittel neu aufnimmt und auf eigene, raffinierte und liebevolle Weise zu neuem Klang bringt.
Mein ganz persönliches Problem ist die sanfte, technisch geschulte und fehlerfrei, virtuos und emotional erlesen eingesetzte Stimme Evangelia Kozonis. Ihre helle Stimme ist glockenrein, von starker Kraft und tritt nicht zuletzt nur partiell auf, doch ich persönlich mag hohen weiblichen Gesang in der progressiven Musik nicht besonders. Darüber hinaus indes ist der Einsatz Evangelias einwandfrei und lebhaft.
Ciccada ist eine illustre Entdeckung, die zu machen ich nur unbedingt einladen kann.

altrock.it
VM



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