Chameleon Defect "Incognito" (Eigenproduktion 2014)


Chameleon Defect ist die erfrischend junge Band blutjunger, wie im Digipack zu sehen ist, Musiker, die mit "Incognito" ihr 31:39 Minuten andauerndes und sechs rein instrumentale Songs umfassendes erstes Album veröffentlichen. Die Jungs bezeichnen ihren Stil selbst als Progressive Rock.
Richard Peitzsch (b, add keys), Charlie Lantsch (g), Jacob Kriehmig (dr, Cowbell) und Markus König (keys) können mit ihrem guten Aussehen neidisch machen; vor allem alte Knochen, deren Spiegelbild vor Jahrzehnten kaputtging. Jeder darf jung sein, diese haben jetzt das Glück. Und bringen mit "Incognito" ein erstes Lebenszeichen heraus, das von Energie und Jugend strotzt, ebenso flott und energisch sein kann, wie es hier und da seine (kleineren) Macken mit sich bringt.
Den Auftakt macht "Irrlicht auf Abwegen", und gerade dieser Song ist derjenige aus dem Repertoire, der am wenigsten ausgereift klingt. Zwar ist das Arrangement relativ rund, aber der Song wirkt leicht unausgegoren, die Band präsentiert sich etwas steif, obschon die nicht wenig aufwendig gestalteten Arrangements mit vielen Ideen gut gefüllt sind und am Spiel der Jungs an sich wenig zu meckern ist. Im Laufe des Geschehens wird der Track immer besser und eindrucksvoller, während zu Beginn noch ein wenig Schüchternheit zu bemerken ist. Die den Track eröffnenden Ideen sind nicht tief verzahnt und haben etwas Mühe, locker und entspannt zu klingen. Aber, wie gesagt, im Laufe des Songs wird es besser. Der Track kann Progressive Rock genannt werden, liedhafter Spielart, aber keinem Vorbild angelehnt und trotz seiner Leichtigkeit nicht etwa Neoprog verwandt.
"Hussa!" klingt genauso, wie das Stück heißt. Die Band beweist mit dieser Idee Humor und Leichtigkeit. Hat gewiss viel Spaß gemacht, den Song einzuspielen. Zwar passiert nichts, was die Welt aus den Angeln hebt, aber sehr unterhaltsam ist der Track, der einzige mit Gesang (…) in seiner Ska-Verwandtschaft dennoch. Das instrumentale Inlay gefällt mir besonders. Live wird die Meute vor der Bühne tanzen, da passen allerlei Soli rein, so dass für Spaß auf der Bühne garantiert ist.
"Red John" ist in Sachen Komplexität eine enorme Steigerung. Dynamisch, dramatisch und lebhaft geht es zu. Tolle Komposition, deren diverse Parts und Nuancen nur stark sind. Das beste Stück der CD wird von zweidreiviertel Minuten "Tom Ate Toes" verfolgt, das als Spaßnummer 2 die leichte Muse bedient. Der Klang der Orgel gefällt mir, wirkt ironisch. Augenzwinkerndes Stück mit klitzekurzem Gitarrensolo. Hm, nun, nicht weiter schlimm.
Dem schließt sich das über 11 Minuten lange "The Trap" an, in dem es postrockig zugeht. Der Track ist etwas gestreckt und verliert so etwas von seiner Tiefe. Und doch gefällt mir der Track, neben "Red John", bislang am besten. Mit melancholischer Nuance fahren Chameleon Defect den Track hoch und gehen mit volumiger, kratzig noisiger Note in schwere Wetter, die sie gut durchstehen. Die gebremst wirkende Gitarre (in Sound und Lautstärke) könnte selbstbewusster sein. Und die Orgelklänge, den melodischen Raum der Songs anführend, dürfen differenzierter und mit verschiedenen Sounds arbeiten. Doch: cooler, raffinierter Track. Auch wenn hier der Effekt noch einmal auftritt, der zu Beginn der CD zu bemerken war: das ‚lose', etwas unausgereifte Arrangement. Verschiedene Stilattribute treffen aufeinander, der Bass aus dem Alternative Poprock-Bereich, hier Metal- dort Popgitarre. Kleine Anmerkungen zu einem ordentlichen, flotten Stück Rockmusik.
"Steps" am Ende der CD will fast zu einem Metallica-Track wachsen, bis das Piano einsetzt und dem Song die Richtung weist. Gute Gitarrenarbeit in dieser nonchalant lässigen Ballade und das vitale Schlagzeugspiel sind die besten Markenzeichen des Tracks.
Gewiss werden die vier Jungs noch zahllose Male in ihrer Garage (von wegen Garage, superluxusriesiger Bandraum!) verschwinden, um an sich und ihren Songs zu arbeiten. Ich kann nur stundenlange Jam-Sessions empfehlen. Die Finger wollen bluten, die Instrumente locker und intuitiv gespielt werden, Mann & Instrument zu einer Einheit verschmelzen. Die Jungs sind auf dem richtigen Weg. Sie sind ambitioniert, haben das Album zustande gebracht und Fleiß bewiesen. Das erste Statement ist gesetzt. Was das Quartett auszeichnet, ist die eigene Handschrift der Songs. Die Kompositionen. Hier ist viel Idee und kreative Phantasie. Ach was, lasst euch nicht vollquatschen. Macht die Tür hinter euch zu und

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VM




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