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Central Park
"Connect It - Live '85"
"Live at Theatron Munich" [DVD]
(Transformer Records/Cargo, 25.10.2013)


Nur wer es miterlebt hat, kann nachvollziehen, wie es war in den 1980er Jahren mit Progressive Rock. Niente. Zero. Bis aus der Leere Neoprog kam. In den 80ern waren weiße Turnschuhe, Vokuhila & Schnauzbärte und grauenhafte Klamotten angesagt. Es gab den ‚Krieg' zwischen ‚Poppern' und ‚Rockern' und was die aktuelle und angesagte Popmusik betrifft - es war schlimm. Und wurde schlimmer.
Für Fans wie Bands keine leichte Zeit. Das ist auf dem historischen "Connect It! - Live '85" von Central Park gut zu hören. Die Musik, aufgenommen während eines Konzertes 1985, lanciert zwischen Neoprog und Melodic Rock, wobei das eröffnende und mit 8:27 Minuten längste Stück die wohl komplexeste und instrumental anspruchsvollste, progressivste Nummer ist. Die meisten folgenden Stück sind eher liedhaft arrangiert, mit wenig filigraner Keyboardarbeit, mit typischen Hardrock-Gitarrenriffs der Zeit, melodischen Refrains und viel Text. Instrumentale Flächen sind eher rar gesät und greifen kaum weit aus. Trotzdem sind die Songs nicht blöd, wenn einige Stücke, wie etwa "Thin Ice" als kitschiger Ballade, auch kaum Eindruck machen. Der Gitarrist hat die damals wohl angesagte Pedaltechnik genutzt, seine Gitarrensounds sind ein markantes Merkmal seiner Zeit. Immer wieder lassen sich die 70er in den Songs blicken: Orgelsounds, das für die simple Zeit komplexe Schlagzeugspiel, intensives Gitarrenspiel und schneidend scharfe -soli - im Verständnis damaliger Pophörer waren Central Park gewiss Ewiggestrige oder ‚Alte Naive' (statt ‚Alternativer'). Die Langhaarigen der Zeit waren glücklich, eine Band wie Central Park zu haben und nach dem reichen, verrückten und genialen Jahrzehnt zuvor, in dem populäre Musik zu unglaublichen Extremen und Komplexen fand - und diese wieder aufgab, nicht zu vereinsamen.
Dass es die CD überhaupt gibt, ist einem Zufallsfund zu verdanken. Der damals für die Aufnahmen Verantwortliche hatte die Bänder gut verwahrt. So gut, dass sie und die Erinnerung an sie für Jahre verloren ging. Bei einem Wohnungsumzug wurden die 1-Zoll-Analogbänder wiederentdeckt, flugs landeten die Aufnahmen bei der Band, die ein Abspielgerät auftrieb, die Aufnahmen digitalisierte und mit der Kunst der Studioarbeit, sprich digitaler Nachbearbeitung, die original authentische Klangpatina des Konzertes erhielt.
Schönste (und progressivste) Tracks neben dem Opener: "Centrary Daybreak", "Dreamer's Battlefield" sowie die drei letzten Songs "Fetishist's Hot Love Affair", "All Night and Day" und "Muddy Road". Die Aufnahmen machen deutlich, wie sehr die Komplexität des Progressive Rock damals auf low level lief und eher liedhafte, melodische Ideen verfolgt und in Songs integriert wurden. Das ist kein Fehler der Band, eher Überlebenswille im popversumpften Jahrzehnt. Und der überwiegend coole, straff organisierte und deftige Melodic Prog ist besser, als gäbe es damals gar keinen Sound. Die 12 Tracks machen 64:07 Minuten voll, haben guten Livesound, der wie gewünscht authentisch klingt. Ganz gewiss nicht nur von historischer Bedeutung.

Gleichzeitig veröffentlichen Central Park mit der DVD "Live at Theatron Munich" eine weitere Produktion, bei welcher die Angabe, wann die Aufnahmen gemacht wurden, vergessen wurde. 2011 war es, als mit nur einer Kamera, aber professionellem Sound das Konzert im Münchner Theatron mitgeschnitten wurde. Eine weitere historische Aufnahme der Band. Die seit 2010 in Central Park engagierte Sängerin Jannine Pusch (nach Heiko Möckel und Stefan Schneider am Mikro) gab hier ihr letztes gemeinsames Konzert mit der Band.
Das 2011er, ca. 73 Minuten lange Konzert auf der DVD ist mit dem 1985er nur im Ansatz zu vergleichen. Central Park spielen aktuellere Sounds, die Schlagzeugarbeit ist erheblich komplexer, die analogen und weiteren Tastensounds spielen eine größere Rolle, insgesamt spielt sich alles deutlich ‚progressiver' und komplexer ab. Leider gibt es keine Song-Überschneidungen, was einen direkten Vergleich zwischen den 26 Jahre auseinander liegenden Aufnahmen ermöglichte. Aber: die Instrumentalisten sind die gleichen. Fast, ein wenig entwickelt haben sie sich schon…
Nun, was das Bild betrifft: die Aufnahmen mit nur einer Kamera, vor der hin und wieder Leute vorbeigehen und die ab und an schnelles Zooming betreibt und auch den Mann an den Reglern nicht vernachlässigt, sind für die beinharten Fans gemacht. Der Sound macht die Sache deutlich besser. Band und Sound zusammen: gut. Beide Produktionen sind auf der Webseite der Band für je 8,50 Euro zu bekommen. Wenn das nicht fair ist.

centralpark-band.de
VM



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