Cast "Al-bandaluz" (Musea 2003)

Wie viele Alben haben sie bisher veröffentlicht? Auf jeden Fall etliche innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne. Dabei hat sich die Band stets gesteigert und ist qualitätsmäßig stets anspruchsvoller und perfekter geworden. Cast sind südamerikanische NeoProgger. Das klingt auf den ersten Blick nicht gut, denn zum einen sind Südamerikaner sowie und NeoProgger um so mehr im süßlichen, kitschigen Prog-Kleister-Bereich tätig. Aber nicht so Cast. Die Orientierung ist ganz klar und Cast machen das in vielen Momenten überdeutlich. Sie spielen Harmonien, wie es sie nur im symphonischen NeoProg gibt auf typische Art und Weise. Und doch sind die Songs der Band nicht blöd und langweilig, sondern auf magische Weise inspiriert. Francisco Hernández (voc, perc), Carlos Humarán (g, voc), Kiko King (dr, perc), Flavio Jiménez (b) und Alfonso Vidales (key, voc) haben sich mit Pepe Torres (sax, fl, cl), José Luis Algabo (b), Lupita Vidales (voc), Ismail Cortés, Mario Bocanegra und Enrique Slim (alle perc), Alberto Márquez (key) und Michael Dean Stary (solo-g) etliche Gäste ins Studio eingeladen, um mit ihnen 10 Songs einzuspielen, die zusammen so lang werden sollten, das 2 CDs notwendig sind, sie unterzubringen. Alle Songs sind sehr harmonisch und symphonisch, tragen auffällige folkloristische Motive in sich und sind irritierend nachvollziehbar und mitreißend gestaltet. Immer wieder dürfen Saxophon und Gitarre disharmonische Strukturen einbringen, fließen ungewöhnliche Motive ins Arrangement, erregen fabelhafte Soli oder perfekt ausgearbeitete instrumentale Passagen die Sinne. Hin und wieder scheinen Genesis als Gast das Studio zu stürmen, wenn ein instrumentaler Lauf plötzlich nur von dieser Band stammen kann. Aber dann weben Cast wieder alles ganz anders und nichts erinnert an genannte Band. Alle 10 Songs sind fabelhaft, manchmal etwas sehr liedhaft und auch schon mal seicht und süßlich, aber immer noch auf der guten Seite, immer noch rockbetont und nicht Kitsch. Die Songs sind zumeist rein instrumental, so dass unklar scheint, wann denn der Berg an Lyrics kommen mag, der im Booklet abgedruckt worden ist. Und dann kommt die Gesangspassage, druckvoll, schnell vorangetrieben, schwindelerregend flott, dass es eine Freude ist! Um so mehr Zeit bleibt für die vielen langen instrumentalen Teile, allein die Hälfte der Songs ist sowieso rein instrumental. Da bringt es so ein Stück schon mal auf 17 oder gar 22 Minuten, ohne dass die Länge öde nervt. Erstaunlich, wie vital und gekonnt Cast ihren NeoProg spielen. Nicht nur, dass die Musiker perfekte Handwerker sind, sie reizen das Spiel der Instrumente auch aus. So wird es ab und zu angenehm hart und die Band entschlackt die symphonischen Vorgaben mit stetem Druck. Dann können die Keyboardeskapaden erneut beginnen und ihre schwere Saat verteilen. "Al-bandaluz" ist ein sehr schönes Album, ein Ausnahmewerk im sonst eher verhalten dynamischen Genre NeoProg.

musearecords.com
VM



Zurück