Bröselmaschine "Live" (Herzberg Verlag 2008)

Bröselmaschine zählen zu den ältesten deutschen Rockbands. Gitarrist, Sitarspieler und Kopf der Band, Peter Bursch, gründete die erste Version der Gruppe 1968 als Folkband. Im Buch "Cosmic Dreams At Play - A guide to German progressive and electronic rock" werden die Fachbücher erwähnt, die Peter Bursch geschrieben hat, sowie sein exzellentes Spielvermögen auf der akustischen Gitarre. 1971 veröffentlichten Bröselmaschine eine titellose LP, die in genanntem Buch als eine der besten jemals in Deutschland produzierten Rockplatten beschrieben wird. Anschließend ging die Band auseinander, einige Musiker der ersten Besetzung zogen im Zug der Zeit nach Indien.
1975 kam eine neue Band unter dem Namen Peter Bursch & Die Bröselmaschine zusammen. Willi Kissmer war der einzige Musiker neben Bursch aus der ersten Etappe. 1976 und 1978 kamen die LPs "Peter Bursch & Die Bröselmaschine" und "I Feel Fine" auf den Musikmarkt, Besetzungswechsel liefen peu á peu ab.
Heute gehören alte und junge Musiker zur Gruppe, etliche, die bereits einmal dabei gewesen waren, einige, die damals, zu Beginn, noch in den Windeln lagen - oder im Schaufenster (was immer Quark da auch zu suchen hat!).
Die auf 2 CDs beziehungsweise einer DVD veröffentlichten Konzertaufnahmen stammen vom Burg Herzberg Festival (lustiger Weise ohne Jahresangabe), drei vom WDR Rockpalast in Bonn (2005) und eines vom Haniel Open Air Festival im bandheimischen Duisburg.
Das Herzberg-Festival nimmt den meisten Platz mit 80 Minuten ein, die Rockpalast-Aufnahme ist 18 Minuten, die aus Duisburg 12 Minuten lang.
Der Song "Gedanken", jeweils etwa 12 Minuten lang, ist gleich dreimal vertreten, von jedem Gig einmal, auf der 2CD ist die letztgenannte Version weggelassen worden.
Als Bonus gibt es ein etwa 27 Minuten langes Interview, das aus vielen Schnipseln besteht und die komplette Band vorstellt, sehr interessant und informativ.
Die beiden Hauptkonzerte wurden in verschiedenen Besetzungen eingespielt, der Einfachheit halber führe ich alle Musiker hier schlicht durcheinander auf: Peter Bursch (g, Sitar), Helge Schneider (keys, eben dieser jenige welcher), Detlef Wiederhöft (b), Willi Kissmer (g), Klaus Dapper (sax, fl), Nippi Noya (perc), Tim Plötzer (key), Manni von Bohr (dr), Anja Lerch (voc) und Michael Dommers (g). Die alten Recken sehen so alt nicht aus, sie haben auch noch das lange Haar, vor allem Peter Bursch, der dem Aussehen nach glatt sein eigener 10 Jahre jüngerer Bruder sein könnte. Aber auch Manni von Bohr, Willi Kissmer und Detlef Wiederhöft tragen langes Haar, sehr angenehm. Warum nur hat mir mein Großvater dieses kaputte Gen vererbt?
Die Band war forsch-fröhlich am Werk, mal kann man fast zu den leutseligen Songs schunkeln, dann wieder brechen die Gitarren zum endlosen Gitarrenmonster auf. Manni von Bohr ist eine Bank für sich, der Schlagzeugkönig trommelt verflixt technisch, differenziert und kraftvoll, was den forschen Stücken ein starkes Rückgrat gibt. Nippi Noya, auch ein altbekanntes Gesicht in europäischen Rock- und Jazzzirkeln (ein Wort mit dreimal "z"!) unterstützt ihn vital. Anja Lerch, die nur wenig zu hören ist, hat eine phantastisch raue Rockröhre, die gut zur Band passt und in Hardrock wie Blues eine gute, starke Figur macht.
Mal wird es ausgedehnt psychedelisch, ganz ohne Drogen, wenn zum Beispiel das lange "Gedanken" mit Sitarklängen beginnt und sich ein episch grooviges Thema anschließt. Dann zieht ein akustischer Wind durch die Band, wenn "Windy and Warm" und andere Akustikklänge beherzt und besinnlich von der Bühne schwappen.
Die DVD hat nicht nur den Vorteil des Interviews. Man kann der Band beim entspannten Arbeiten zusehen und die Interaktion der Musiker genießen. Die CDs haben den Vorteil, dass man auch ganz ohne auf den großen Lichtspielkasten zu blicken, eher die melancholischen und forschen, die emotionalen Tiefgänge der Songs genießen kann.
Ist nicht bewundernswert, dass die alte Band sich auf die Bühne traut - so alt sind sie nicht! Den Rentnerbonus bekommen sie in zwanzig Jahren, jetzt noch steckt der Nimbus des gelernten und spielsüchtigen Rockmusikers in ihren Augen, wenn gewiss auch etwas gemäßigter und erwachsener als in den aufgeregten ersten Tagen. Alt ist die Band noch nicht.

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VM




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