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david borgo "ubuntu" (Cadence Jazz Records 2005)
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Der erste Eindruck: Albert Ayler ist wiederauferstanden! Das eröffnende afrikanisch anmutende Folkmotiv der beiden Saxophone und der Posaune über dem hektischen, nervösen und ungemein vitalen Rhythmus von Schlagzeug und Bass hat dieses Flair. Aber bald hält es die Bläser nicht an den Plätzen, sie erheben sich und improvisieren phantasievolle, freie und virtuose Ideen. David Borgo hat sein Werk "Ubuntu" traumhaft inspiriert begonnen.
Wieder und wieder treffen sich die Improvisatoren in der Struktur der Komposition, um zu erneuten Improvisationen auf dem nervös-schnellen Rhythmus auszuholen. Doch dann kippt das Stück in eine Farce um, wird zu Humor, tänzelt komisch und erheitert, bis es ausklingt.
Das Booklet erzählt viel über Afrika, über Jazz, die Musiker jedoch sind ausnahmslos Amerikaner. Neben David Borgo (ss, ts), der in einem Songs auch Pennywhistle spielt, sind Tracy McMullen (ss, ts), George Lewis (pos), Scott Walton (acc-b), Nathan Hubbard (dr), Rick Helzer (p) und viele weitere Jazzer in das kollektive Improvisationsspiel über komponierte Themen involviert gewesen. Jeder Instrumentalist hat seinen eigenen Klang, seine eigene Herangehensweise an das Improvisieren, bringt die Themen anders in Schwung. Während David Borgo kraftvoll und free spielt, ist Tracy McMullen eher von sanfter Natur, ohne darauf festgelegt zu sein.
Nathan Hubbard hat die Facetten des Jazztrommelns vollständig intus, kann auch mal in poppige oder rockige Beats gelangen, wenn eine Passage das fordert und setzt mit Sott Walton, der mit seinem Bass ebenso improvisiert, jedoch zumeist den Boden für Bläser oder den Pianisten bereitet, den fetten Beat, die aufgefächerte Rhythmusfragilität und die Sensibilität des aufgescheuchten, flüchtigen Groove.
"Tsidi" ist eine saftige Ballade, "Gwidza" eine klassische Nostalgie, "Letter To South Africa" eine etwas zu poppige Ballade, die im Saxophon-Sound leider an die Seichtheit der Achtziger erinnert und deutlich zu leicht erscheint. Doch "Tintinyana" und "The Wedding" als wehmütiger Ausklang der CD biegen diesen einzigen Ausrutscher, der kompositorisch und improvisativ ansonsten inspiriert und wundervoll ist, wieder gerade.
Schönster Track ist "Which Way", dessen ungerade Melodie leise und süffisant und schließlich immer kraftvoller und leidenschaftlicher auseinander genommen wird. Ein grandioses Stück, ein klassisches Stück Modern Jazz mit Gefühl und Geschwindigkeit, das Herz schlägt höher! Da passt das erdige Blues-Thema von "Blues For A Hip King" im Anschluss ganz vortrefflich.
David Borgo ist mit "Ubuntu" eine starke Jazzplatte gelungen, die neben viel hellem Improvisationslicht auch einigen Soundschatten präsentiert.
Reinhören empfohlen!
davidborgo.com
cadencebuilding.com
VM
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