Big Big Train "The Underfall Yard" (English Electric Recordings 2009)

Big Big Train fanden heraus, dass Genesis etwas übrig ließen und schnappten es sich. Niemals! Ein Musikstil entfacht, kann nichts ‚übrig' lassen, sondern sich schlicht nur vervielfältigen, solange Musiker und Hörer da sind, der Spielart, dem Genre ergeben. Big Big Train kommen aus dem Neoprog, und sind da längst nicht stehen geblieben. Nicht erst ihr 2007er Album "The Difference Machine" setzte klassisch progressive Aspekte, was ihr neuester Streich einmal hochkarätig und erstklassig tut.
Die Band sind heute David Longdon (voc, fl, Glockenspiel), Andy Poole (b, key) und Greg Spawton (g, key, b), mit Unterstützung etlicher Gastmusiker, darunter Nick D'Virgilio (dr) und andere, die interessante Instrumente wie elektrisches Cello, elektrische Sitar, Flöte, Mandoline, Dulcimer, Orgel, Tuba, Kornett, Posaune und Waldhorn spielen und den Sound reichhaltig und saftig machen, hat das Trio sechs exzellente Songs eingespielt, deren kürzester knapp 5 und ausdauernster fast 23 Minuten lang ist. Das Neoprog-Echo ist bisweilen etwas stärker, im Allgemeinen jedoch kaum zu vernehmen. Die Songs sind komplex komponiert, sehr intensiv und inspiriert, haben eine ungemeine Fülle an instrumentalen Finessen, deren Komplexe und ungewöhnlichen Wege immer wieder für Überraschungen sorgen, alles ist bombastisch symphonisch abgefedert und von dem die CD eröffnenden vokalen Motiv aufgegriffen, das an verschiedenen Stellen erneut auftritt und die diversen Punkte markant verknüpft.
"The Underfall Yard" ist alles andere als ein durchschnittliches Album, die Band ist inspiriert und handwerklich exzellent geübt, die Songs sind lebhaft eingespielt worden, haben Ecken und Kanten, rocken flüssig und süffig, sind partiell eingängig, dann von aufwendiger Architektur, die unbedingtes Zuhören heißt und so manches Solo, vor allem diese schrägen Synthesizer-Soli, das ungemein entzückend anzuhören ist. Liedhafte Partien schwelgen in vokaler Breitseite, immer wieder an das große Vorbild erinnernd und doch in eigener handwerklicher und kompositorischer Sprache, retrospektiv gewiss aber längst nicht nur, was wäre denn noch im besten symphonischen Progressive Rock Stil möglich, wenn der sich nicht von seinen Wurzeln ernähren dürfte und immer neue Blüten brächte.
Fabelhaftes Album, große Kunst, sehr schön anzuhören, für Freunde, gewiss, dieser Spielart. Symphonischer Progressive Rock ist längst nicht leer und ausgelutscht, sondern saftig, prall und lebhaft wie eh. Und so wird es auch bleiben, wenn die Musiker und ihre Fans nicht aussterben.

bigbigtrain.com
VM



Zurück