Balounge "Recast the system" (Eigenproduktion 2015)


5 Tracks und 21:27 Minuten umfasst das neue Album der süddeutschen Band Balounge. Online ist zu lesen, dass die Band (die bereits drei CDs veröffentlichte), ihren Stil mit RetroFunk, Lounge und NuSoul benennt. Claire Yapi, Klaudia Salkovic-Lang und Agnes Lazar singen in je einem Track, Stefan Chakli spielt Gitarre, Sebastian Voigts Fender Rhodes und Keyboards, Helmar Weiß Schlagzeug und Rhodes. Die beiden Neuzugänge prägen das Bild der neuen CD sehr: Volker Heuken (vib) und Helgard Saminger (fl).
Den Auftakt macht das instrumentale "Philémon et Baucis", das erst etwas leicht beginnt, sich dann jedoch bald zu einem kompakt arrangierten, locker träumenden Lounge-Jazz entwickelt, dessen Rhythmuscrew grandios arbeitet, das Vibraphon hinreißend präsentiert und der Flöte genug Raum gibt, sphärische Sounds zu imaginieren. Käme jetzt noch Carlos Santana mit seiner Gitarre… Sehr schöner, kurzweiliger Song, dessen handgemachte Qualität jeden Electro-Lounge an die Wand fährt, in seiner lyrischen Note fast naiv klingt und sofort in Herz und Beine geht. Schön komplex!
Die weiteren Tracks sind weitaus poppiger. Zudem auf Gesang fokussiert, was die kompositorische Qualität vollkommen verändert. Der Gesang ist in allen drei, sehr unterschiedlichen Fällen toll. Schöne Stimmen, gut gesungen. Die Band energisch und kraftvoll. Zwar ist hier der Jazz-Anteil stark zurückgefahren, trotzdem ist, aufgrund der handgemachten Einspielung, der Sound gut anzuhören. Die Refrains sind auf Dancefloor getrimmt, was mir die Freude nimmt. Das ist zum Glück nur ein kleiner Teil, so dass die stets schön intensiv ausgebaute Instrumentalarbeit entschädigt. "You Are" hat den wohl am wenigsten interessanten Refrain, wohingegen der Gesang in "Free My Mind" auf besserer Gesangslinie steht, zudem unisono vom Vibraphon begleitet wird, was nur fabelhaft ist. Der Funktrack hat satten Groove und instrumentale Weite, was nur äußerst nett gelungen ist. "Summer Rain" als Popballade mit straightem Rhythmus hat zwar seine Qualitäten, die indes fast nicht für mich genießbar sind, weil der Rhythmus auf Pop fokussiert ist. Instrumental gibt es wieder witzige Wendungen und Sounds, doch Rhythmus und Gesang arbeiten straff auf Mainstream zu. Kein Genuss.
Ganz anders der letzte Track, der sich als Jazzballade mit zerbrechlichem Gesang zeigt. Schönes Stück, tolles Vibraphon, cool und loungig mit Anklängen an den Smooth-Jazz der frühen Sechziger, klangtechnisch vollständig im Hier und Heute verankert und sehr gut gespielt.
Balounge sind immer dann am stärksten, wenn sie sich gen Jazz und Lounge orientieren, Mainstream hinter sich lassen. Hangemachter Lounge-Jazz ist weitaus interessanter als die üblichen und durch zahllose Bands/Musiker geübte Pop/Electro/Dancefloor-Strukturen.

balounge-music.com
soundcloud.com/balounge
VM



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