Altruismos "Imagen" (Viajero Inmovil 2009)

Auch der argentinische Nachwuchs lässt sich vom ‚alten' Rocksound inspirieren, die Einflüsse finden auf ihrer Myspace-Seite (siehe unten) kaum ein Ende, zwischen Hardrock, Progressive Rock, Jazz, Jazzrock, Avantgarde und Neuer Musik ist so ziemlich alles dabei, was Rang und Namen hat. Victor Nocelli (key, p), Tomas Pereda (g, spanish g), Federico Esquivel (b) und Facundo Nahuel Negri (dr, voc) legen mit "Imagen" ihr überwiegend instrumentales Debütalbum vor, das progressive Komplexität mit Jazzrock-Dramatik verwebt. Die 6 Songs nach dem kurzen Opener "Introito Fieto", zwischen 5 und 14 Minuten lang, haben nicht die typische südamerikanische Sanftheit der symphonischen Progressive Rockszene, es geht würzig und herzhaft zu, die Komplexe donnern mit Wucht, sind nicht stets kerzengerade genau gespielt, haben dafür einige heftige Jazzbetonung und improvisative Note, die den Songs sehr gut steht. Der Klang der Aufnahmen hat etwas viel Hall, was die Räumlichkeit der Aufzeichnungen etwas zerfasert und europäischen Ohren vielleicht ungewöhnlich erscheinen wird, Abbruch tut es der Qualität des Albums hingegen nicht.
Alle vier Musiker sind technische Instrumentalisten mit dem Hang zur Improvisation. Manches Arrangement scheint improvisativ gespielt zu sein, so locker, wie die Themen sich entfalten. Doch trotz der verspielten und wenig straffen Songführung gelingen die solistischen Einsätze perfekt, machen die Stücke einen guten Eindruck. Die Band nimmt es lässig und legt mehr Wert auf Komplexität und Jazzimprovisation als auf knackige Songdienlichkeit.
Partiell scheint es, als wären die von September 2008 bis Januar 2009 aufgenommenen Songs deutlich älter, nicht weil der Songaufbau sich sehr an den klassischen Vorbildern festmacht, sondern weil der Klang an alte Aufnahmen erinnert. Das ist kein Markenzeichen der Band, sondern wohl eines des Studios und des Reglermeisters, der dem Hallklang und den damit einhergehenden Tücken erlegen ist.
Selten gehen die Jazzrocker ihre Songs besonders hart an. Alle Stücke haben gewisse nervöse, hektische Strukturen, Energie und Vitalität der Band sind enorm, Altruismos betreiben die Soloparts und Bandinterplays mit Verve und nutzen jede Idee, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. "Imagen" ist in jedem einzelnen Song wie in der Gesamtstruktur trotz konkreter Soli und harter, melodischer Songaufbauten sehr experimentell, als würde das Mahavishnu Orchestra mit King Crimson jammen, 1972 wohlgemerkt, und ein jeder Beteiligte gibt sich alle Mühe, möglichst häufig solistisch mit verspielter Improvisation in den Mittelpunkt zu treten.
Technisch so hervorragend wie beide genannte Klassiker sind Altruismos indes nicht, aber die junge Band beweist Potential und zeigt, was Komposition, Arrangement und Instrumentalarbeit betrifft, enorm Geschick und Inspiration.

myspace.com/altruismos
viajeroinmovil.com/vi.asp?lang=E&customerid=6958276629447

VM




Zurück