Ali Neander feat. Hellmut Hattler "…this one goes to eleven." (ESC Records 14.11.2014)


Das 'feat. Hellmut Hattler' ist ein hoffnungsvoller Hinweis, dass die CD doch bitte wahrgenommen werden möchte. Dabei hat Ali Neander als der letzte seiner Art doch einen so schönen Namen, dass dies Anreiz allein sein könnte. Nun, der Hattler steht drauf und drin ist er zu hören. Und wenn es etwas nützt, nur zu. Doch dies ist eine Ali Neander-Produktion, der nicht nur die überwiegende Anzahl der Songs schrieb, sondern mit seinem Namen für das Album einsteht, seine Lieblingstracks ("A Salty Dog", Procol Harum, "The Dance of Maya", John McLaughlin & Mahavishnu Orchestra) und damit gute Tracks aussuchte, mit fabelhaftem Gitarrenspiel die Songs prägt, die schönste Gitarre & den schönsten Hut hat und mit seinem netten Lächeln auf dem Cover einfach sympathisch ist. Gut, Hattler ist (bestimmt) nicht unsympathisch, hat aber einen bekannten Namen, mit dem bestimmte Musik assoziiert wird - und die findet hier nicht statt. Kraan klingt anders, seine Funk-Sachen sowieso. Nun gut, feat. Hattler steht drauf, steht's halt drauf!
Weitere Mitarbeiter sind Martin Kasper (keys, Melodica) und Moritz Müller (dr), sowie die Gäste Paul McCandless (ob, ss, Tin Whistle), Joo Kraus (tr) und Urgestein Clive Stevens (ss, fl). Den 14 Songs (71:13 Minuten CD-Laufzeit) ist die Vitalität des Spieles aller Beteiligter inne. So flott, dynamisch, lebhaft, saftig und energisch der entspannt kraftvolle Jazzrock der rein instrumentalen Produktion aus den Boxen in die Ohren geht, mit so ungemein viel illustren Ideen, Unisono-Läufen und auf so rasant vitalem Komplexgroove, so will das Ohr mehr davon.
Ali Neander setzt nach seinem Debüt von vor 4 Jahren, wie hieß das doch gleich noch, ach ja, "feat. Helmut Hattler" (who the fuck...) auf Jazzrock, wie er in den frühen Siebzigern klang, in die heutige Zeit gebracht. Mit stürmischer, eleganter Rhythmusarbeit, ausgetüftelten Keyboardläufen, die nicht auf jazzdisharmonische Muster setzen wie einst, sondern auf lyrische Harmonien und damit viel sanften Schöngeist in die Songs fließen lassen, vor allem in balladesken Stücken. Mit mal leichtem, mal sattem Gebläse, und mit den Background-Harmonien, wie es sie damals noch nicht gab. Und, wie Ali Neander meint, angereichert mit ein bisschen ‚Prog', ‚Kraut' und ‚Ambient'.
Trotz der manchen etwas seichten Balladengewässer ist doch die großartige handwerkliche Arbeit im immer noch wieder interessanten Jazzrock ein echter Hinhörer. Die Schlagzeugarbeit Moritz Müllers etwa, der luftig-harmonische Background Martin Kaspers, vor allem Ali Neanders Gitarrenspiel. Und die vielen kleinen, tiefen, großen und lauten Töne, die den Songs die Reife und Vollendung geben, die kaum zu hören sind, ohne die manche Idee indes karg oder unausgefüllt wirken würde. Die beiden Covertracks sind würdig inszeniert, wobei mir "The Dance of Maya" aufgrund seiner erstklassigen Komposition besonders gefällt. Moritz Müller muss sich gefühlt haben, als dürfe er alle Feiertage im Musikharem begehen, so gut ist, was er da tut. OK, sein Beitrag ist naturgemäß laut, damit herausragend und vordergründig im Ohr. Was Rockmusik so ausmacht. Was die weiteren Mitstreiter tun, wirkt weniger stark und deutlich, eher harmonisierend. So etwa die Beiträge des Bassmannes und die Bläserarbeit. Nicht alles ist gleich zu würdigen. Gleich stark wahrzunehmen. Und doch in jeder Einzelfacette wichtig und seines Beitrages wert.
Wenn mir persönlich im Laufe der 14 Tracks und 72 Minuten auch etwas zu viel poppiges Arrangement in die Ohren kommt, kann das Album mir doch gut gefallen. Besonders, weil diese Band einen Gitarristen hat, der beeindruckt!
Und einen schönen Namen hat.

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VM





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