After the Fall "kNOwleDGE" (FOM 2005)

After the Fall sind eine der vielen Bands, deren Musiker alt genug sind, sich nicht mehr vor den Ladies dieser Welt beweisen zu müssen und sich in der Band treffen, um genau die Musik so gut wie möglich zu machen, die ihnen persönlich gefällt. Bei After the Fall ist es progressiver Symphonic Rock der alten Schule.
Ken Archer (key), Mark Alden Benson (g, voc, Konzept), Jeff Brewer (b, voc, g, perc), Rich Kornacki (dr, perc) und Gast Jon Quinn (ad-voc, g, samples, elctr) haben sich vermutlich ausgiebig Zeit gelassen, ihre Ideen ausgefeilt und mit vielen Extras gefüllt. So sind Songs entstanden, von denen gleich 3 um die 20 Minuten lang sind.
Auch wenn Gitarrist Mark Alden Benson für das Konzept steht und das Gros der Songs selbst geschrieben hat, sind die 6 Tracks vor allem von den diversen Keyboardsounds geprägt. Seine Gitarre ist in das Gruppenarrangement eingegliedert und leider nur wenig solistisch und laut zu hören. Teilweise spielt Benson Metal-Riffs, die jedoch so leise eingemixt wurden, dass ihre Kraft und Dynamik völlig baden gehen, während die Klänge der Tasten stets im Vordergrund und laut zu hören sind.
Die Kompositionen sind interessant, sicher nicht genial, aber durchaus überzeugend. Die vielen Extras und komplexen Details kommen gut. An einigen Stellen habe ich den Eindruck, dass die Band ihren eigenen Ideen technisch nicht gewachsen ist, dieses Gefühl verliert sich zum Glück jedoch in verblüffenden Themenauflösungen. Erstaunlich, dass gerade die epischen Parts, in denen zumeist das Keyboard-Equipment aktiv loslegt, weniger gelungen klingen, als die verflixt schwierigen Parts an den Knotenpunkten der einzelnen Themen innerhalb der Songs.
Sehr flüssig ist die zarte Ballade "The Call". Ein tolles Motiv, das in angenehm melancholischer Geschwindigkeit und Zurückgenommenheit gespielt wird. "Monsterland" im Anschluss klingt etwas herb und holzig, holperig und angestrengt, doch noch in der Einleitung verliert sich dieses Gefühl und die Band fängt das Thema wie Harry Potter den goldenen Schnatz und gewinnt die Oberhand. An einer zweiten Stelle innerhalb des über 20 Minuten langen Stückes kommt dieser Eindruck wieder, just als das Keyboard ein langes Soloteil beendet hat und die Band aus dem Dornröschenschlaf erwacht, um weiter zu arbeiten. Die Gesangslinie im ersten Part ist etwas altbacken und gewöhnlich, Part 4 und 5, wieder mit Gesang, entschädigen dafür. "Between Images Flesh And Shadows" ist eine akustische Phrase, kaum 3 Minuten lang, hübsch, aber nicht bedeutend. Track 5, "Precariously Poised On The Precipice Of Pandemonium", siebeneinhalb Minuten lang, ist der ausgefeilteste, komplexeste und beste Song der CD. Hier greift einfach alles perfekt ineinander. Die Motive sind virtuos gespielt und von starker Idee, die nervöse Natur der Komposition geht über alle Ecken und Kanten flott und flink hinweg und präsentiert sich knackig und mitreißend.
"Ode To Man", das letzte Stück der CD, fast 20 Minuten lang, ist ein neoprogressives Sahnehäubchen. Sehr lyrisch und zart, bis das große Motiv schließlich kraftvoll ausbricht. Der helle Ton der akustischen Gitarre und der melodische Gesang machen schönes Wetter, bis die radikale und kraftvolle Dunkelheit langsam, aber zunehmend die Gewalt über den Song gewinnt. Das folgende Motiv versprüht einen Hauch alter Yessongs, zwar kommt die Gitarre wieder etwas zu kurz, aber der Bass nimmt einige Minuten mit einem äußerst interessanten Solo in Beschlag. 78 Minuten lang ist "kNOwleDGE". Wer nur die Highlights des Progressive Rock sammelt, braucht die CD nicht. Wessen Sucht jedoch weitergeht, sollte sich um die Band und ihre Platte kümmern. Ist immerhin ein wirklich nettes Teil.

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VM



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