Adeia „Hourglass“ (Layered Reality Productions 2013)

„Aha, wehmütiger Gesang a la Morten Harket, mal schauen, was da auf mich zukommt“, dachte ich bei mir, als die ersten Klänge dieser Scheibe ertönten und erwartete nichts besonders Aufregendes. Nach einigen Sekunden aber ging ganz unerwartet gewaltig die Post ab - Avant Metal at its best: Hybrid-Klänge, die sowohl entfernt an Sieges Even zu „A Sense Of Change“-Zeiten, Enchant und Porcupine Tree als auch an Unexpect erinnern, aber doch komplett eigenständig sind. Donnernde und gurgelnde Strudel, die einen in sich hineinziehen und so schnell nicht wieder loslassen. Innen, im Ohr des Hurricanes, legt sich das Getöse bald wieder, um einer kammermusikalischen Lyrik sowie melancholisch gehauchtem Belcanto Platz zu machen. Mollige Strukturen von gegensatzbezüglicher Durabilität locken den nach Neuem gierenden Hörer, sich auf den Schwingen der Schwingung stetig aus dem Hurracane heraus- und wieder in ihn hineintragen zu lassen. Die absolut innovative, quasi am offenen Gehörgang operierende Band besteht aus Christiaan Bruin (Schlagzeug), Dennis Burgermeester (Bassgitarre), Laurens Hoppe (Synthesizer), Ruben van Kruistum (Cello), Franc Timmerman (Larynx bestialis), Laure ten Voorde (violent Violine) und Wabe Wieringa (Gitarre). So ähnlich stelle ich es mir vor, wenn eine Extreme Metal Band mit einem Streichquartett Volleyball nach Noten spielt und dabei gelegentlich einige Prog-Brocken übers Netz schmettert. (Selbst der letzte Vier-Jahreszeiten-Heuler Wie-Waldi hätte beim Gutieren dieser CD seine helle Freude gehabt und das Schaf im Wolferlpelz Motz-Art wäre vor Erfurcht erstarrt, um sich hernach völlig mesmerisiert von Alessandro Volta eine Brat(schen)gitarre bauen zu lassen.) Einfach exorbitant, wie organisch hier die Stimmungen wechseln und dies schneller als ein Formel-Eins-Mechanikerteam einen Bollidenreifen austauschen kann. Die Songlängen reichen von knapp sechs bis hin zu vierzehn Minuten; klaro, dass diese Stücke atmen können. Bereits im Jahr 2011 wurde „Hourglass“ als Debütwerk aufgenommen, wir dürfen also hoffen, schon bald dessen Nachfolger präsentiert zu bekommen. Das ist Kunstmusik mit Kante, eine Fusionierung von gestern und heute zur Musik von morgen, welche die inneren Saiten in Resonanz bei mir bringt: Mal ist sie hart, mal ist sie zart, die stundenglasige Lebens-Art, dabei sie nicht mit Pathos spart, was man mitunter erst gewahrt, wenn es eim wohlig in die Glieder fahrt.

facebook.com/AdeiaOfficial
Frank Bender



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