ZZ Top - Mescalero (RCA 2003)

Welche Band ist eigentlich seit über 30 (in Worten: dreißig!) Jahren in unveränderter Besetzung unterwegs? Da gibt's nicht viele, aber z.B. die "little ol' Band" from Texas, ZZ Top. Seit 1972 veröffentlichen Billy Gibbons (Gitarre, Gesang), Dusty Hill (Bass, Gesang) und Frank Beard (Schlagzeug) in schöner Regelmässigkeit Alben und sind live auf Tour zu bewundern. In dieser Zeit haben sie beginnend mit dem selbstbetitelten Debut-Album bis hin zur aktuellen CD "Mescalero" den musikalischen Pfad vom Blues über Blues-Rock, Country & Western bis hin zum stadiontauglichen, MTV-kompatiblen Hard Rock und wieder zurück beschritten...

In letzter Zeit sind die Abstände zwischen den Studioalben etwas länger geworden und der Output seltsamer. Nachdem mit "Recycler" das letzte Album der MTV-Generation veröffentlicht wurde, haben sich ZZ Top aus dem drohenden musikalischem Vakuum durch Rückbesinnung auf guten, alten Blues-Rock, "Antenna", gerettet. Die folgenden Alben "Rhythmeen" und "XXX" liesen die Fans allerdings mit extrem schrägen Soundexperimenten und eigenwilligen afrikanischen Rhythmen etwas ratlos zurück. Alles Vergessen: 2003 bläst "Mescalero" einem wieder die Ohren frei. ZZ Top schaffen es aus dem Experimentellen der vorigen Alben und dem Retro-Blues-Rock von "Antenna" eine geschickte Melange zu kreieren. Voilà: Das beste ZZ Top-Album der Neuzeit! Anhänger von "Gimme All Your Lovin'" und "Sharp Dressed Man" werden sich mit Grausen abwenden, Fans der ersten Stunde hingegen leuchtende Augen bekommen.

Verzerrte Gitarren, kreischende Soli, donnernde "Blech"-Drums, brachiale Basslinien.... und dazu ein meist leicht verzerrter Gesang lassen Blues-Rock-Kracher gepaart mit einem Schuss Tex-Mex-Feeling nur so aus den Boxen krachen. Für Auflockerung sorgen cajun-artige Elemente in "Alley-Gator" sowie die, diesmal sehr gelungene, "Pflicht"-Ballade, "Goin' So Good". Darauffolgt mit dem augenzwinkernden "Me So Stupid" gleich ein absolutes Album-Highlight. Mit "What Would You Do" kommen auch ein paar Country & Western-Einflüsse zum tragen, es wird aber nicht peinlich. In Tracks wie "Liquor" feiern seelige "La Grange"-Zeiten wieder fröhliche Urständ. Während diesmal praktisch alle Songs von Billy Gibbons selbst geschrieben wurden, kommt mit "What It Is Kid" nochmals ein echter Hill / Gibbons / Beard-Gemeinschafts-Song zum tragen, der möglicherweise die interessanteste Hookline des Albums bietet, aber auch ein mit seinen fast Cher-mässigen Gesangsspielereien ein bisserl nervt. Mit "Que Lastima" wird dann noch ein Schmunzel-Song auf spanisch geboten. Und einen "Hidden Track" als Überraschung gibt's auch noch....

Also, hier werden "thirty years of maximum rhythm & blues" nochmals aufs Feinste zelebriert!

zztop.com
Thomas Kohlruß



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