ZhongLines! "Licht-Mess - Imbolg" (Eigenproduktion 2006)

Bereits durch den Titel dieser CD wird deutlich, dass das Christentum viele der keltischen Jahreskreisfeste - Imbolc bzw. Oimealg wird traditionell in der Mitte der dunklen Jahreshälfte am 1. Februar begangen - adaptierte, was sich besonders deutlich anhand des keltischen Christentums zeigen lässt. (Als besondere musikalische Referenz sei an dieser Stelle die einzigartige Band Iona erwähnt - es lohnt sich wirklich, sich mit deren Texten auseinander zusetzen, sofern diese nicht in Gälisch verfasst sind.) Aufgenommen wurde die CD an Lichtmess in der Krypta der Kirche St. Mauritius in Hildesheim; die besonderen räumlichen Gegebenheiten wirken sich natürlich auf den Klang aus, der sehr differenziert auf Tonträger gebannt wurde. Zu hören sind Pia Preißler (Stimme, Shruti-Box, Geige, Steeldrum und Monochord) sowie Rigulf Nemitz (Gongs, Tanpura, Koto, Flöten, Trommel, Zymbal und Shruti-Box). "Erde" eröffnet die teilweise auf Improvisationen beruhenden Klang-Gemälde mit einem Gong gleichen Namens. Das folgende Titelstück verströmt einen meditativen Charakter, ohne langatmig zu wirken; allerdings kann die in den hiesigen Gefilden omnipräsente Kurzatmigkeit als Symptom für die (zu) schnell-lebige Zeit gelten. (Dagegen wiederum kann das achtsame Hören auf diese Klänge helfen. Man passe dazu lediglich den eigenen Atemrhythmus dem Tempo der Musik an.) Es gelingt den Musikern außerordentlich gut mit musikalischen Mitteln der Durchlichtung der Dunkelheit Gestalt zu verleihen, nicht zuletzt mittels Pias glockenklaren Gesangs. Das Element Wasser wird durch den nächsten Titel "Ocean" repräsentiert; auch hier kommt dessen sanfte Macht, getragen durch Rigulfs Flötenspiel und später durch Pias Geige, hervorragend zum Ausdruck. "JanuarNacht" ist wiederum eine Vokalnummer, die zu Beginn, verursacht durch das vitale Geigenspiel, eine fast schon als feurig zu bezeichnende Stimmung aufkommen lässt, unterstützt durch ein Trommel-Ostinato. Das sich anschließende "Mraval" basiert auf einem georgischen Segnungsgesang und wirkt durch den Frage-und-Antwort-Modus von Stimme und Flöte wie ein Gespräch zwischen irdischen und himmlischen Wesenheiten. Der Klang der Stille greift beim Titel "Mond" nach dem einmaligen Anschlagen eines ebenso bezeichneten Gongs in zunehmendem Maße Raum und leitet über zum Gongstück "Spiel der Kräfte". Die hier zu hörenden Klänge mögen manchen Ohren etwas monoton erscheinen, aber genau dies liegt vermutlich in der Absicht der Musiker, denn so kann die Aufmerksamkeit der Hörer auf die Schwingungsspektren fokussiert werden, die Interferenz- und Resonanzphänomene entstehen lassen. Alle zum Siegeszeichen geformten Zeige- und Mittelfinger hoch, denn das Licht hat letztendlich über die Dunkelheit gesiegt, zumindest für die nächsten Monate.

Zhonglines.org
Frank Bender



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