Xanima „Prototype: Homo Sapiens“ (FreeSide Records/Border Music 2014)


Hier haben wir es quasi mit der Prog-Variante der Missing Persons zu tun, wohlgemerkt mit einer Sängerin, die diesen Titel mit summa cum laude verdient. Dazu gesellen sich noch eine große Portion Eddie Jobson (UKZ, besonders aber „Zinc: The Green Album“) und eine Prise Pop, was ein äußerst interessantes Ergebnis zeitigt und in dieser Weise noch nicht da war. Jade Ell muss am Gesangsmikro nicht quietschen und glucksen wie weiland Miss Plaste-BH, sondern versteht es, die Kompositionen von Xanima nach allen Regeln der Kunst zu intonieren und ihnen mittels ihrer variablen Stimme ein ganz eigenes Flair zu verpassen. Sie kommt wie ein Hybrid aus Grace Jones und Kate Bush rüber, ein echter Knüller: Slave To The Sensual World! Darüber hinaus bedient Jade noch Piano, Glockenspiel & Akkordeon und verfasst die Texte, die Erkenntnissen und Theorien aus Science und Fiction Rechnung tragen. (Dabei wird der Anteil „Fiction“ im Zuge vermehrter holistisch orienterter Forschungsarbeit zugunsten des Anteils „Science“ sukzessive zurückweichen, dies sei an dieser Stelle angemerkt.) Das Textkonzept wird auf der Bühne durch Schauspieler und Tänzer visualisiert, so dass eine multisensorische Show geboten wird. Die Schwaben unter uns werden sich spätestens jetzt sämtliche Finger nach einem Xanima-Konzert lecken. („Do griegäsch was far dei Gäld bodä!!!“) Die Männer in der Band haben allesamt großen Anteil am Gelingen dieses Albums: Pelle Händen an Keyboards und Computer (Programming), Janne Hellman an Bass und Chapman Stick, Fredrik Söderström an Schlagzeug und Percussion sowie Matte Norberg an diversen Gitarren. Das klangliche Gesamtbild ist transparent, druckvoll und futuresk, eben im Wortsinne progressiv, aber keinesfalls elektronisch ausgerichtet, da wir es hier mit Musikern zu tun haben, die nahezu alle Klänge mit Händen und Füßen im Schweiße ihres Angsichts produzieren, ohne dem Hörer auf die Pelle zu rücken. In avantgardistisch ausgerichteten Discos, falls es so etwas geben sollte, könnten die Songs der Schweden der absolute Bringer sein und einen Hauch von cooler Nonchalance auf die Tanzfläche zaubern. Das ist ganz großes Kino für die Ohren, ein echter Blockbuster und somit wird es höchste Zeit, dass Xanima deutsche Bühnen entern! Ich hoffe, die einschlägigen Veranstalter schlafen nicht...

xanima.eu
Frank Bender




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