Terje Isungset & Arve Henriksen "World Of Glass" (All Ice Records 2014)


Zwei norwegische Improvisationsmusiker im estonischen Tallinn, Dezember 2011. Terje Isungset, der die Idee zu diesem Projekt entwickelte, seit mehr als 20 Jahren als Perkussionist in skandinavischer Musik wie Jazz arbeitet und an zahlreichen Veröffentlichungen beteiligt ist und Arve Henriksen, wohlbekannter Trompeter, der in ebenso vielfachen und vielseitigen Projekten engagiert war (und ist), Supersilent seine Bandbasis nennt und ebenso solistisch erfolgreich ist wie sein World-of-Glass-Partner Terje Isungset, spielen in den Stücken der vorliegenden Produktion allein Instrumente, die aus Glas gefertigt sind. Einige darunter, deren Zweck der Klang ihrer eigenen Zerstörung ist. Andere, die experimentelle Klänge zu verursachen in der Lage sind, sowie diejenigen, deren Klang herkömmlichen Instrumenten gleichkommt. Es sind überwiegend Schlag- und Blasinstrumente, die beide Musiker bedienen. Das Bild im Innencover zeigt seltsam geformte, flaschenähnliche Dinge, die wohl nicht zuerst an Instrumente erinnern, wohingegen die Schlaginstrumente in ihrer Präsentation schon eher den Eindruck machen, zur Erzeugung von Musik erschaffen worden zu sein.
15 Stücke komponierten Isungset und Henriksen. Jeweils recht kurze Tracks, die zusammen auf eine Spielzeit von 46:56 Minuten kommen und ihre Dreiviertelstunde sehr angenehm und überraschend ausfüllen. Was Klang auf der CD, fällt in den Bereich Ambient-Musik. Der Bereich selbst ist sehr umfassend. Ich würde den Abstand zum herkömmlichen Tralala-Mainstream als sehr weit angeben, zur Avantgarde ist der Weg weitaus kürzer, wenngleich "World of Glass", im harmonisch melodischen Rahmen angelegt, längst keine sperrigen Schräglagen aufmacht. Dennoch sind abstrakte Harmonien, ihre motivischen Brüche, rhythmische und disharmonische Akzentuierungen sowie Rahmenbrechende Überschreitungen in abgrundtiefe Klänge, wirre Düsternis und erschütternde Lautstärke durchaus ausgeprägt. Doch alles läuft im zarten Bereich ab, so dass selbst musikalisch ungebildetes Publikum beeindruckt sein dürfte, wenn es sich diesen Klängen öffnete. Hier und dort weitet sich das Klangspektrum zu gefühlt ethnischen, ja schamanischen Klängen, wie ich sie im mongolischen Raum suchen würde. Ohne indes historischen Regeln zu folgen.
Die Musik ist sehr emotional, oft geradezu erstaunlich in der klanglichen Auswirkung, wenn das Volumen des Basses Raum füllend in Vibration zu spüren ist. Die Schläge auf Scherben, die folkloristischen Töne, wie Klage geblasen, die verinnerlichte Klangallgemeinheit - es gibt ungemein viel zu entdecken in dieser fabelhaften "World of Glass".
Empfehlung!

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VM



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