Darryl Way's Wolf "Saturation Point" "Canis Lupus" "Night Music" (Deram 1973/73/74)
Curved Air "Live" (Deram 1975)
(Esoteric Recordings, VÖ: 23.06.2008)

Im März 1970 gründeten die Sängerin Sonja Kristina, ein Sexsymbol der damaligen britischen Rockszene, Darryl Way (vi), Francis Monkman (key), Robert Martin (b) und Florian Pilkington-Miksa (dr) Curved Air. Monkman hatte zuvor in einer Band namens Sisyphus gespielt, der Name Curved Air geht auf seine Kappe, inspiriert von Terry Rileys Album "Rainbow in Curved Air".
Sonja Kristinas markante Stimme und Darryl Ways furioses Geigenspiel machten die Band schnell bekannt und erfolgreich. Drei Alben spielte die Band in fast unveränderter Besetzung ein, lediglich die Bassposition wechselte zu jedem Album.
Nach "Phantasmagoria" (1972) gab es Spannungen in der Band, nicht zuletzt über die weitere stilistische Orientierung. Bis auf Sonja Kristina verließen in diesem Zusammenhang alle weiteren Musiker die Band.
Darryl Way gründete daraufhin mit John Etheridge (g), Dek Messecar (b, voc) und Ian Mosley (dr) Wolf. Wie bei Curved Air war Ways Geige instrumentales Zentrum der Songs der Band. Die ersten Kompositionen klangen noch wie die von Curved Air, als Monkman und Way zusammen Songs geschrieben hatten. Die neue Band fand jedoch eigenes Profil. In den beiden Jahren 1973 und 1974 wurden drei Alben eingespielt, von denen jedes eine instrumentale und eine vokale Seite hat.
John Etheridge hat einen starken Jazzeinschlag, den er nach Wolf in Soft Machine, mit Stephane Grappeli, Dizzy Gillespie, Nigel Kennedy und den Zappatistas bis heute intensiv spielt. Er war nie der harte Rocker, weshalb sein Spiel weniger markant und kraftvoll auf den drei Platten zu hören ist. Sein virtuoses Spiel ist technisch exzellent und bringt lebhaftes Jazzfeeling in die Songs ein. Sänger und Bassist Dek Messecar (nach Wolf in Caravan, davor in Curved Air) war der unauffällige Part in der Band. Zum dritten Album holte die Band sich mit John Hodkinson eine markante Stimme. Hodkinson hatte zuvor bei den Jazzrockern If für raue Klänge gesorgt. Messecars Stimme war eher dünn und konnte sich im virtuosen Rock der Band wenig durchsetzen, weniger noch kraftvolle Akzente setzen. Dahingegen sein Bassspiel exzellent und technisch virtuos war.
Ian Mosley machte nach Wolf Karriere, erst in Gordon Giltraps Band, dann bei Steve Hackett, mit den Holländern Trace und schließlich mit Marillion. Sein Schlagzeugspiel ist mit seinem heutigen in Marillion kaum zu vergleichen, er spielt die aufwendigen Rhythmen komplex und virtuos, kraftvoll und breaklastig.
Aushängeschild aller Songs ist das energische und furiose Geigenspiel Darryl Ways. Was er aus den Saiten zaubert, ist fabelhaft. In den Vokalsongs spielt er die melodischen Linien und Soli, während die instrumentalen Songs, die ganz anders als die Vokalsongs aufgebaut sind, auf sein virtuoses und kraftvolles, melancholisch zartes bis heavy rockendes Violinenspiel setzen.
Stilistisch stehen Wolf eher King Crimson als Curved Air nahe, wenn sie auch nie die unglaublich Heavyness und brachiale Expressivität von Robert Fripps Band erreichten. Einflüsse kamen aus der klassisch-sinfonischen Musik, vom Jazz und Progressive Rock der großen Bands der Ära.
Die drei Alben sind digital remastert, bis auf "Night Music" um Bonustracks ergänzt und mit umfangreicher Story im Booklet neu aufgelegt worden, in Großbritannien das erste Mal auf CD überhaupt (abgesehen von Bootleg-Releases).

Für eine Reunion-Tour trafen Darryl Way und Sonja Kristina im Frühjahr 1975 wieder zusammen. Auf der Tour wurde nicht nur das Livealbum mitgeschnitten, die Band hatte Bestand darüber hinaus. Francis Monkman (g, org, synth) und Florian Pilkinson-Miksa (dr) kamen zu Curved Air zurück, als Bassist wurde Phil Kohn engagiert.
Auf "Live" sind ausgiebige Versionen einiger Bandklassiker zu hören. Die Band war ganz bei der Sache und feuert die Songs energisch und kraftvoll ab. Für mich persönlich ist "Live" das beste Album der Band überhaupt, von der Trockenheit und Studiobeklemmung der ersten Werke ist hier nichts zu spüren, Geige und Gitarre rocken, was das Zeug hält und Sonja Kristinas Stimme singt, brüllt, schreit und krächzt mit Inbrunst. Die Rhythmuscrew arbeitet leidenschaftlich. "Vivaldi" hat einen Gesangspart, die anderen Songs sind deutlich länger als die Studioversionen, Tasten- und Saiten-Soli sowie ausgiebiges instrumentales Spiel machen die Liveplatte interessant. Tolles Album!
Anschließend gab es wieder Umbesetzungen, bis Curved Air 1976 nach zwei weiteren Alben zu den Akten gelegt wurde - um von Zeit zu Zeit (in den 80ern und 90ern) wieder für Konzerte aktiviert zu werden.
Curved Airs Livealbum war 1995 bereits von Repertoire Records in Deutschland auf CD veröffentlicht worden. Die Versionen unterscheiden sich im Sound, die neue Esoteric Ausgabe hat einen deutlich kräftigeren Klang, das Remastering hat einiges gebracht. Wer die Repertoire-CD hat, kann damit aber zufrieden sein. Die Auflage konnte sich hören lassen.
Wie bei den Wolf-CDs gibt es bei Curved Air die ausführliche Geschichte zu Band und Album im Booklet. Bilder und technische Details runden das Reissue perfekt ab.

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esotericrecordings.com
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