Lalle Larsson's Weaveworld (Reingold Records 2009)

Was nicht alles hat der Tastatieure schon zum Leben erweckt: Jazzrock, Fusion, Symphonic Prog, Rock, Metal, zappaeske Klangkunst, Avantgarde, Jazzmetal, Comic-Jazzmetal. Der begabte Virtuose hat ein Herz für klassische Experimente, für große Ensembles und Duos, für Vibraphon und Metalgitarren, für komplexe Musikkunst und verinnerlichte Soloeskapaden. Er scheut sich nicht vor der Zusammenarbeit mit den verschiedensten Musikern, treibt sich in allen Stilen herum und hat nur den farbigsten Ausdruck im Sinn, den prasselnden Song, die zu erspürende Idee, das nächste Stück Musik aus sich selbst, die erste Note!
Der Projekte gibt es viele: auf seiner Webseite sind sie aufgelistet (siehe unten). Darum beschränke ich mich fürderhin hier nun auf das just frische Projekt, das seine erste Intonation auf Jonas Reingolds Reingold Records erlebt.
5 Songs sind drauf. Das Album ist ein kleines, rundes, sattes Wunderwerk, aber nicht DER grandiose Überhammer. Es gibt perlmuttartige Schöngeistklimperei, viel liebevoll süßes Symphonic-Geplänkel, und mit der Interpretation von Tomaso Albinonis "Adagio in G-Moll" einen bösen Fehltritt, der peinlich ist und weh tut.
Die anderen 4 Songs sind hervorragend, überwiegend. Mit Richard Hallebeek (g), der schon einigen seiner Projekte zur praktischen Seite stand, Stefan Rosqvist (g), der nicht minder heavy und hart rockt und melodisches, riffbetontes und solistisches Spiel wie sein Hallebeek-Kollege exzellent zu geben weiß, Jonas Reingold am Symphonic-Bass, heftig, melodisch, versiert, verinnerlicht, wie in Trance, immer ein wenig Jazz in der Hinterhand, und Mikael Wahlgren (dr, perc), der das Komplextrommeln zur Chefsache gemacht hat: gelungen, inspiriert.
Lalle Larsson ist ein genialer Künstler. Am Piano wie an den elektrischen Keyboards ein virtuoser Musiker, der alle Spielarten mit Improvisationslust und Ideenreichtum auszudrücken weiß, Jazzrock und Symphonic Rock zu den Überschriften dieses Projektes gemacht hat, und vor allem und als erster solistisch und improvisativ in den Vordergrund tritt, seinen Kollegen viel Spielraum gibt und den satten Bandklang atmosphärisch breit und bombastisch gestaltet, viele illustre Ideen in sein neuestes Projekt einfließen lässt und sich damit als kreativer, inspirierter Kopf erweist, der als Handwerker und Komponist etwas zu sagen hat, und von dem, das darf gewiss sein, noch gute Sachen zu erwarten sein dürfen.
Doch manchmal hat er sich vergriffen, das "Adagio" könnte seine private Spielerei sein, auf der CD wirkt es fehl und bitter, es zieht das komplette Werk nicht hinab, aber es stört. "Adagio" ist elegisch, aber auch furchtbar pathetisch, eine Variation des klassischen Originals, die Larssons Anspruch verrät, szeneübergreifend zu denken, aber im Kontext der CD nicht funktioniert und mir, ganz persönlich, nicht und gar nicht zusagt.
Der Titeltrack im Anschluss als letztes Werk, fast 15 Minuten lang, ist die Orgie schlechthin, nach den exzellenten ersten 3 zwischen 7 und 9 Minuten langen Songs, das instrumentale Highlight, das mit viel Liebe zum Detail reich und vielschichtig ausgebaut wurde, sicher hier und dort auch mal eine kurze Panne hat oder lädierte Key-Sounds zum Tragen kommen lässt, vielleicht auch das lange Synthesizer-Solo zu lang ausführt und etwas zu typisch klingen lässt, aber grandios im Ganzen ist und schlicht Laune macht. Gutes Album eines hervorragenden Musikers, das zu entdecken neben ein wenig Schatten knallfrisches Licht präsentiert.

lallelarsson.com
reingoldrecords.com
VM



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