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Wally "Montpellier"
Jackson - Webber "What It Is"
(Gonzo Multimedia 2012)
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Wally waren in den frühen Siebzigern aktiv. Die Briten spielten den amerikanischsten Symphonic Rock, der damals von der Cup-of-Tea-Insel kam. Symphonic Country wurde der Sound auch genannt. Ihre beiden Alben "Wally" (1974) und "Valley Gardens" (1975) sind mit schöngeistigen, eingängigen Songs gefüllt, deren Instrumentalminuten balladesk in die Weite schweben. Akustische Gitarren, entspannter Rhythmus, Geige (eher Fiedel als Violine), dezenter Jazzansatz und amerikanische Epik. Beide Alben sind nett anzuhören, ohne die geringsten Anzeichen von Intensität und Radikalität zu entfalten. Sonnenuntergangsrock, symphonisch im Ansatz, vor allem in den langen Songs, countryesk mit einem Hauch der Note, die Crosby, Stills & Nash mit und ohne Herrn Young pflegten. Und wenn die Band ein wenig härter rockte, erschreckte sie wohl selbst und kehrte, immerhin mit dezent experimenteller Note, zur Entspannung zurück.
Jetzt sind sie wieder da. Mit einem neuen Album. Das wurde bereits 2010 das erste Mal aufgelegt, möglicher Weise von der Band selbst, jetzt über Gonzo Multimedia. 2010 legten Wally, sie nennen sich heute ebenso, von der alten Band sind Roy Webber (voc, g), Paul Middleton (voc, b, slide-g), Pete Sage (vi, mand, g), Roger Narraway (dr) und Nick Glennie-Smith (keys) - fast alle - noch und wieder mit dabei, ein 2CD Livealbum namens "To The Urban Man" (nach einem ihrer alten Longtracks) auf, zugleich "Montepellier", das jetzt im zweiten Start sitzt. Der symphonische Ansatz von damals ist (fast) komplett verschwunden, der liedhaft countryeske Poprock hat eher Endsechziger Psychflair als 70s Symphonic Sound, die Band hat sich entwickelt. Die durchweg längeren Songs zwischen 6 und 8 Minuten sind sehr lyrisch und schöngeistig, immer noch ist hier und da eine leicht experimentelle, aber nicht unbedingt progressive Note zu finden. Neben einigen kräftigeren Rockern, die mit sattem Groove und schwerem Orgelsound zu eingängigen und gut nachvollziehbaren Ideen ansetzen, überwiegen balladeske Songs. Stilistisch sind Wally so amerikanisch, dass sie wohl niemand, der die Band nicht kennt, ihre Heimat mit UK benennen würde. Die Einspielung ist erstklassig, die Ideen ebenso. Feine, vitale Arrangements klingen hochmodern, allerdings weit entfernt von allem, was Progressive Rock ist (dies sei nur gesagt, weil die Band sich als Prog promotet). Gut zu hören, wie lange und stetig überlegt und überarbeitet die Arrangements ausgefeilt wurden, wie witzige, frische und überraschende Lösungen gefunden wurden, zu keiner Sekunde langweilig zu klingen. Mancher Track ist etwas härter und (leidlich) wilder, und der Lead-Sänger, der dann am Mikro steht, beweist Ausdruckskraft über sleazy Country hinaus. Sobald die Songs an ihre Refrains geraten, wird das Arrangement zwar stets etwas alltäglicher und mainstreamiger, aber die sind bald vorüber und cool geht's weiter. Hier und da sind gewiss einige (Proto-)Prog-Ideen zu finden, im Orgelsound, in balladesken Ideen, die dem späteren Endsiebziger Peter Green nur ungemein locker aus den Finger flossen. Die leise röchelnde Geige entwirft keine epischen Großtaten wie einst, sondern macht den sanften Sound nur sanfter und kuscheliger. Und selbst das über 8 Minuten lange abschließende "Giving" mit seinem längeren Fiedel-Intro ist rein amerikanischer Softrock, Freitagabendmusik, die Woche wegzuspülen. Das Album ist Pete und Paul gewidmet, wohl den damaligen Bandmitarbeitern, die es nicht über die Jahre geschafft haben.
Zwei Jungs aus der Band, Wally, haben mit weiteren Mitarbeitern ein weiteres Projekt am Start. Jackson - Webber nennen sie sich, nicht mit Bindestrich dazwischen, sondern mit Pfeilspitzen, die ich hier nicht einsetzen kann, ohne den html-Hintergrund zu irritieren (und mich selbst viel mehr: wo ist der, Pardon, verdammte Fehler!?!). Und wenn Wally amerikanisch klingen, sind Jackson - Webber auf "What It Is" amerikanischer noch als manche (typisch) amerikanische Band. Der Country-Rock hat durchaus instrumental ausgebaute Finessen, in denen elektrische und akustische Gitarren, Mandolinen, Keyboards und Violine auf der groovig entspannten Rhythmusbasis für leicht nachvollziehbaren, eingängigen und stets sehr balladesken Wohnzimmerrock sorgen. Fröhliche Countryrocker, locker saftig durch ihre Minuten rockend, mit Endsiebziger Patina und Eagles-Flair, grooven lässig vor sich hin. Verträumte Melancholieballaden schweben über die Kuscheldecke am Kaminfeuer, sehr nett und von tiefer Lyrik. Sanftmütig und erwachsen ohne jeden Druck, dämmern die Songs durch den mittleren Westen der USA. Ach Quatsch, das sind Briten! Ja. Und doch. Die Sehnsucht nach dem amerikanischen Rocksound ist überaus wach und ausgeprägt. Komposition, Arrangement und Einspielung sind von großer Qualität, die lieben, was sie tun, und sie wissen zu tun, was sie lieben. Liebt ihr Nostalgie und den zarten Klang countryesker Rockmusik? Dann liegt ihr mit "What It Is" absolut richtig.
VM
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