Vogel Stauss & seine Artgenossen "En Route" (Fazzul Music 2014)


Sehr schön! Ladies and Gentleman! Am Schlagzeug arbeitet der yolkige Feen-Zappaist Rémy Sträuli, ein nicht nur ungemein sympathischer Mensch, zugleich ein grandioser und humorvoller Schlagzeuger (wobei das humorvoll auf Schlagzeuger und überhaupt ihn sich bezieht). Trompete: Richard Koch. So, wie er sein Instrument spielt, zeichnet den Mann nicht weniger Humor aus. Nicht zuletzt Markus Stauss: Basssaxophon (ebenso wie Sopran- und Tenor-), der als Komponist des Werkes eintritt, kaum weniger Humor.
Das illustre (da ist "lust" drin) Trio traf sich, musikalische Verrücktheiten zu absolvieren, die in dieser Art noch nicht zu hören waren. Es geht sehr abstrakt und relativ avantgardistisch zur Sache, doch im Geiste steckt Satire. Ist das Jazz? Mhm! Ja.
Zugleich Folklore, wie sie als historischer Mix vom Balkan schwappt und die ganze Welt infiziert (nicht zuletzt einst den alten Jazzrock der 1970er). Trompete und Saxophon arbeiten Melodisches aus, während Rémy an elektronischen Knöpfen dreht und allerhand witzige und lustvoll komische elektronische Sounds der Gebläsemasse unterhebt. Wenn nicht, dann arbeitet er erfrischend heftig und komplex an seinem Schlagzeugset, das die Wucht seines Spiels einen knacksatten Rockfaktor einbringt, der dem Gebläse einen schönen Teppich gibt; indes weitaus mehr als Basis ist und den Melodikern ordentlich ins Handwerk fuscht, indem er nicht nur Rhythmus, sondern versiert auch dazwischen haut.
Anders als in anderen Projekten Markus Stauss', etwa Zauss, das sehr verinnerlicht und eher ernst wirkt in seiner Abstraktion, liegt in dieser freudvollen Dynamik stets Lust, Humor und Gelassenheit. Es geht kaum darum, die verrücktest rasanten tonalen Läufe zu erfinden, als vielmehr darum, lustvoll unterhaltsam zu arbeiten und im gemeinsamen Klang zu guter Laune zu finden.
Je mehr gute Laune dieses Trio entwickelt, so mehr empfindet dies der geneigte Hörer. Und doch: nichts ist hier vordergründig auf komisch gedacht. Es ist nicht (nur) die Kombination Trompete - Basssaxophon an sich, die durchaus witzig sein kann. Sondern vielmehr, wie die beiden Bläser sich zuarbeiten, wie sie Techniken einsetzen, rhythmische Phrasen blasen, konkrete Motive erarbeiten, sich hochspielen, davon ablassen und im zarten Nonsensbereich hochlyrische Stille erzeugen. Sehr schick!
Haben sie wohl gar nicht gedacht. Sondern nur gespielt. Richard Koch ist ein grandioser Trompeter, nicht nur als technischer Handwerker, eher für das, was er da wie spielt. Wenn es dann einmal direkter auf den Balkan zugeht, fransen die Muster jazzverrückt aus. Da muss nicht so ungemein viel passieren. Wie das Trio sein Hühnergegacker mit Schlagzeug und Folk vereint, hat etwas überaus Komisches. So könnte glatt Puppenspiel für Kinder unterlegt sein, oder chaplineske Stummfilme. Die 'Songs' sind so kurzweilig, wie die Inspiration der Musikarbeiter inspiriert. Und hier treffen - wieder einmal - kompositorische Handschrift, handwerkliche Arbeit, inspiriertes Spiel und kommunikativer Zeitvertreib großartig aufeinander.
Vogel Stauss and his Art Companions. Bird Stauss und seine Artgenossen. Zielsicher En Route.
Das sind 11 Stücke und 54:59 Minuten lange Kurzweil sehr unterhaltsamer Art.
Doch wie heißt es hier: wenn Spaßmacher Avantgarde machen - oder - wenn Avantgardisten Spaß machen?!?
Tipp!

fazzulmusic.ch
VM



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