Viima "Kahden Kuun Sirpit" (Viima Records 2009)

Viima beginnen ihre neues, erstes Longtrack-Album "Kahden Kuun Sirpit" im klassischen Progressive Rock Stil. 4 Songs, drei über 5, einer über 20 Minuten lang. Die eröffnende Komposition erinnert mich in der Tat an alte Pekka Pohjola oder Wigwam-Alben. Die Songs haben nicht nur entsprechend finnische Namen, die Lyrics sind nicht nur in finnischer Sprache gesungen - nein, der ganze Klang, die Komposition, die Arrangements, alles klingt klassisch finnisch. Es gibt keine metallischen Gitarren, keine aktuellen Trends in den Arrangements, keine elektronischen Sounds, und doch klingen Viima nicht typisch retroprogressiv (wat'n Wort!), dem totgesagten, lebhaften Stilschublädchen im Progressive Rock.
Folkige Lyrik schwebt in den jazzdurchfluteten Arrangements, symphonische Ideen, Breaks und Rhythmuswechsel - alles, als stammten die Songs tatsächlich aus dem Jahr 1973, hat dieses historische Flair. Orgel und elektrische Gitarre gehen die melodisch und harmonisch anspruchsvollen, Taktübergreifenden Themen unisono an, von bombastischem Rhythmus untermauert, Mellotronchören und -orchestern illuminiert und akustischen Lagerfeuergitarren im episch-symphonischen Songaufbau unterstrichen. Das nachdenkliche "Unohtunut", achteinhalb Minuten lang, schwebt im elegischen Schöngeist vorüber, mit prächtigem Gesang, dessen englischsprachige Übersetzung im Booklet nachzulesen ist, so dass man nachvollziehen kann, worum es Viima geht: Freiheit, Mut, Reisen und Ankommen, im abstrakten wie realen Sinn.
Überraschende Ideen machen das Hörerlebnis erfreulich groß, Wechsel aus instrumentalen zu vokalen Parts und anders herum sind toll aufgelöst. Nie wird es besonders aufregend in Viimas Songs, die Band legt nicht Wert auf große Gesten oder radikale Komplexe. Sie zelebrieren symphonischen Schöngeist im alten, originalen Siebziger-Kleid.
Das instrumentale "Sukellus" könnte fast authentisch von Pekka Pohjola stammen, während "Kahden Kuun Sirpit", der fast 23-minütige Titeltrack mit fettem Mellotron zuerst an Yes, dann an Wigwam erinnert. Wer nicht ständige Aufregung, Bombast und Extremkomplexe braucht, gern totgesagten Retroprog mit lyrischer Note und Jazz im Blut mag, darf sich auf ein entspanntes, schöngeistiges Album freuen, das nicht nur gut komponiert ist, überraschend flott klingt und sich ein Schlüsselbundgewinde um Zeitgeist kümmert.
Nicht cool, einfach schön.

viima.fi
VM



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